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2003/2004/2005 |
Hallo Ihr zu Hause!
Ein fröhliches Fest und einen guten Rutsch wünschen wir aus der Mitte Namibias.
Unsere erste Urlaubswoche verbrachten wir in London bei unserem Freund Pierre.
Der Flug dauerte 2 h, und um in Pierres Wohnung zu kommen, brauchten wir
nochmals 2 h, um London zu durchkreuzen. In 5 Tagen sieht man von London ‘ne
Menge. So zum Beispiel das “Tate” – Design-Kunstausstellung in einem ehemaligen
Kraftwerk war supersahne / spitzenprima. Das Highlight Londons war der Besuch
des Dominientheaters mit dem Musical “we will rock you” von Queen. Große Musik
in einem klassisch empirestylischen Theater, bis zum letzten Platz ausgebucht in
mitreisender Atmosphäre – selbst für mich als Nicht-Queenfan.
Am Samstag ausgiebig gewandert – Hydepark, Harrods, Oxfordstreet, alles im
landestypischen Dauerregen. Sonntag, den 23.11.03 gings ans Sachen packen, 21.00
Uhr startete die Maschine, voll bis unters Dach, nach Johannesburg. Wir hatten
“tolle” Sitze in der Mittelreihe im Epizentrum einer schreienden Babyschaar,
zahlreicher Mütter und ihren trotteligen, unbeholfenen Männern. Die Babys
schienen alle Kraft für diesen Abend aufgespart zu haben und schrien polyphon
jenseits der 100 dB Marke. Die Mütter sahen sich also veranlasst, ständig am
jeweiligen Kind zu zupfen und zu ordnen und mit grotesk verstellter Stimme in
Babysprache für Ruhe zu sorgen. All das unter den wachsamen Augen der
mitgereisten Großmütter, die in besonders lauten Phasen auch noch zugriffen.
Gegen 23.30 Uhr war das Publikum dann abgefüttert und schläfrig. Die Köpfe
fielen in alle Richtungen und ergaben sich nach vereinzeltem Zappeln und Zucken
schließlich dem Schlaf. Es steht zu vermuten, dass sich an diesem Zustand bis
morgens nichts wesentliches änderte. Gegen 8:00 Uhr waren wir dann auch am Boden
in Johannesburg. Alles ging schnell und reibungslos. 12.00 Uhr flogen wir weiter
nach Windhoek, wo wir als einzigste Maschine den relativ weit vor der Stadt
liegenden Flughafen belebten.
Claudis Freundin Gudrun holte uns ab, und
das war wirklich schön! So fuhren wir in die Stadt und waren amüsiert, 11000 km
von Deutschland entfernt über die Promenadenstraße auf die Olaf-Palme-Str. –
vorbei an “Ihrem Dachdecker” und der Bäckerei Steinbach zu fahren. Der Tag
verging dann ruhig und relaxed, gekrönt mit einem leckeren Abendessen bei
Americo, dem Freund Gudruns. Er ist Portugiese und unterrichtet die hier
lebenden Portugiesischlehrer in seiner Landessprache. In seinem Garten
bestaunten wir ein blühendes Exemplar der “Königen der Nacht”, ein riesiger
Kaktus, dessen Blüten so groß wie ein 5 l Eimer werden und ausschließlich nachts
zu sehen sind.
Gudrun ist Psychologin und hatte tags darauf einen Arbeitsauftrag in Oshakati im
Norden des Landes ca. 700 km von Windhoek entfernt. Wir nutzten also die
Gelegenheit und fuhren mit Sack und Pack mit, um uns von dort aus weiter durchs
Ovamboland entlang dem Kavango-Fluss zu bewegen.
Gereist wird hier
sonst, wenn man kein eigenes Auto besitzt, mit sogenanten Minibussen. Man stelle
sich einfach einen PKW von der Größe eines Suzuki Vitara vor. In diesen stopft
man statt der zulässigen 5 Personen 13 hinein, lädt das Gepäck in den Anhänger
und fährt für eine Distanz von vielleicht 400 km so um die 6 Stunden für gerade
mal 8,50 €. Häufig sind die Straßen nicht asphaltiert, sondern mit Schotter und
Kies befestigt. Das Auf und Ab gleicht dann einer Fahrt mit der Achterbahn, und
man zieht eine gewaltige Staubwolke hinterher. Unseren Fehler, die Rucksäcke
nicht staubdicht verschlossen auf dem Anhänger zu belassen, macht man dann auch
nur einmal.
Der Norden des Landes unterscheidet sich dann wesentlich vom Süden. Überhaupt
wechseln hier Landschaft und Pflanzen und Tierwelt plötzlich und abrupt. Die
Menschen werden hier immer schwärzer, und rechts und links der Straßen findet
man dann unzählige traditionelle Dörfer. Das sind aus Lehm und Kuhmist
gefertigte, fensterlose, runde Hütten mit einem Schilfdach. Diese stehen dann
von einem Schilfzaun, umzäunt mit jeweils im Schnitt noch 5-6 weiteren Hütten
mitten in der schattenlosen Savanne.
Je mehr man sich dann einer Stadt
nähert, um so mehr werden statt des Lehms Wellblech, Plastikplanen und
Pappkartons verwendet. Die größte Bevölkerungsdichte des Landes lebt dann auch
im Ovambo und spricht weniger Englisch, sondern mehr Ovambo und Nama. Letztere
Sprache ist besonders lustig anzuhören, da sie sich bestimmten Klick- und
Schmatzlauten bedient, welche durch das Schnalzen der Zunge gebildet werden. Bei
oberflächlichem Hinhören glaubt man eher an das Reinigen der Zähne mit der
Zunge, jeder Klick oder Schmatz steht aber für ein A oder E bzw. andere
Buchstaben.
Erster Schocker war dann der Besuch eines Krankenhauses. Wir hatten uns der
Freundin Claudias kurzerhand angeschlossen und erhielten eine Führung durch die
ortsansässige Pfarrerin. Uns bot sich hier ein Anblick, wie man ihn sonst nur
aus dem Fernsehen bei medieninszenierten Betroffenheitsbesuchen irgenwelcher
prominenter Prinzessinnen kennt. Unsagbares Chaos und Zustände, die einen
gewöhnlichen Schnupfen zur lebensgefährlichen Krankheit werden lassen. Die
Infektionsrate bei HIV liegt hier offiziell bei über 40 %. Tests können nicht
bei allen eingelieferten Patienten gemacht werden, und so liegt hier auf Boden
und in Betten alles durcheinander. Bei einem Bestand von im Schnitt 90 Patienten
sterben hier täglich 10, und es ist im Grunde nur eine Frage der Zeit, wann sich
die hoffnungslos überlasteten Krankenschwestern selbst infizieren und ebenfalls
in die aussichtslosen Betten fallen. Nach der Besichtigung der neu gebauten
psychiatrischen Abteilung, in welcher uns die vielleicht 15 Patienten teils
nackt, völlig orientierungslos und apathisch mit ihren Schlafmatten
entgegenkamen, waren wir reichlich traumatisiert und entschlossen, fortan ein
Schild um den Hals zu tragen mit der Aufschrift “im Falle einer Ohnmacht bitte
nicht ins Klinikum Oshakati einliefern”.
Nahe der Grenze am Länderviereck Namibia, Botswana, Zimbabwe und Zambia liegen
die Victoriafälle. Wasserfälle, in denen sich der Zambesi-River über 185 m in
die Tiefe ergießt. Das tut er dann auch noch mit im Schnitt 1,3 Millionen Liter
Wasser pro Sekunde, und somit ist es ein wirklich dramatisches Schauspiel. Wir
mieteten uns der Bequemlichkeit halber einen VW Polo und fuhren über Botswana
nach Zambia. Die Überquerung des Zambesi mit einer Fähre war spektakulär. Rein
optisch schwamm vor uns ein Altmetallwarenladen, welcher mit seiner Eigenmasse
bereits an der Grenze des Machbaren schien. Völlig ungestört rollten jedoch noch
ein vielleicht 35 m langer Schwertransport, 5 PKW drauf und jede Menge
Einheimische mit Tüten, Beuteln und Paketen auf den Köpfen und in den Händen
bepackt. Nach einer einstündigen Diskussion mit den Grenzbeamten, ob unsere
Dollarnote nun gültig ist oder nicht, und ob wir das Mietauto auch wirklich
nicht zum Zwecke des Verkaufs in das “ weltweit berühmte Autoland Zambia”
schmuggeln wollen, ließ man uns dann passieren. Bis in die nahegelegene Stadt
Livingsstone waren es nur 60 km. Ein aufgesammelter Tramper aus Australien
sorgte für Kurzweil.
Die atemberaubenden Wasserfälle (Man findet sie übrigens auch auf dem
Globus!) sahen wir dann am nächsten Tag. Infernalischer Lärm, Gicht, die
vielleicht 200 m in die Höhe reicht, und wo man auch hinsah, entdeckte man
Regenbögen. Toll toll toll. Ein Tipp eines unterwegs getroffenen Dresdners
lotste uns dann auf einen ganz besonderen Pfad. Man konnte entlang der
Absturzkante auf Grund des derzeit geringen Wasserstandes (Im Januar-März ist er
bis zu neun mal höher!!) laufen und kreuzte dabei meherere kleine Nebenströme.
Zwei dieser Ströme waren jedoch besonders spannend, da sie sehr kräftig und nur
4 m von der Kante weg verliefen. Große Steinbrocken erlaubten die Querung an
einer Stelle durch knietiefes Wasser. Jede Bewegung wollte wohl durchdacht sein,
da die Strömung im Falle eines Abrutschens wirklich für eine gewisse Hektik
gesorgt hätte. In diesem Falle wären vermutlich nicht nur Fotoapparat und
Rucksack fort! Der Lohn war jedoch etwas einmaliges. Unmittelbar einen Meter
neben dem tosenden Hauptstrom hatte sich eine Ausspülung im Gestein gebildet,
welche vielleicht 5 m im Durchmesser war, und in welcher man schwimmen konnte.
Eine vielleicht 40 cm dicke, natürliche Wand trennte den “Pool” vom Abgrund, und
man konnte sich mit etwas Mut über die Kante beugen und die 185 m in die Tiefe
sehen. Es war gewaltig. Angst vor Krokodilen brauchte man hier nicht zu haben,
und so konnte man ausgiebig baden, springen und tauchen. Die Heldenfotos wurden
dann im Übermut stehend auf der 40 cm Kante gemacht.
Wir sind nach diesem Ereignis dann recht flott zurück nach Botswana (gleiche
Strecke wie hin einschließlich Fähre), um dort mit einem Boot nebst anderen
Touri`s den Zambesi-Fluss entlang in den Chobe-Nationalpark zu fahren. Es ist
schon ein Jammer, dass man in den herrlichen Flüssen Okavango, Zambesi, Kunene –
und wie sie alle heißen – nicht baden kann. Es wimmelt nur so von Krokodilen,
die mit ihren bis zu 6 Metern selbst zwei harte Chemnitzer Buschmänner irgendwie
beeindrucken. Auch die zahlreichen Hippopotamus ( Flusspferde) sind mit ihren
3,6 Tonnen in der nächst höheren Gewichtsklasse und gelten als äußerst aggressiv
und wirklich gefährlich.
Nun hatten wir also Gelegenheit, uns dieses Elend aus der Nähe zu
betrachten. Das Boot fährt wirklich unmittelbar an die Tiere heran, und man
könnte sie theoretisch anfassen. Elefanten, Wasserbüffel, Krokodile, Antilopen,
jede Menge Vögel – alles das war nun hier zu beobachten, und die Tiere ließen
sich nicht im geringsten durch unsere Anwesenheit stören. Besonders lecker war
eine Fressorgie von vielleicht zwanzig Krokodilen aller Größen an einem auf dem
Wasser treibenden, verendeten Hippo.
Auf der Rückfahrt mit dem Auto schritt dann bedächtig eine Elefantenfamilie über
die Straße. Ein junger Bulle baute sich dann vor unserem VW auf und ließ Rüssel
und Elvis gewaltig heraushängen. Ich ließ mich auf diesen Vergleich dann doch
nicht ein, und wir warteten geduldig, bis sie sich trollten. Mit den Eli`s hat
man hierzulande mittlerweile ein ziemliches Problem, da sich die Population
explosionsartig vermehrt hat und nun wohl 60.000 Tiere zu viel die kargen Wälder
kahl fressen.
Das nächste große Highlight war der “Etosha-Park”, ein 20.000 km² umfassender
Nationalpark mit über 114 verschiedenen Tierarten und 340 Vogelsorten. Hier
kommt man nur im Auto durch, angenehmerweise kann man hier einen halben Tag
durchfahren und trifft nicht ein Auto – schlecht wirds nur bei ‘ner Panne. Glück
wird hier damit gemessen, wieviele Löwen man sieht, und so gesehen hatten wir
riesiges Glück, inmitten eines Rudels von 17 Löwen über 2h im Auto zu stehen und
der ‘Brutpflege’ zuzusehen. Übernachten kann und sollte man in einem der 3
Camps, die in der Nähe von Wasserlöchern liegen, so dass man den ganzen Abend
den Tieren beim Trinken zusehen kann. Auch hier hatte man sich auf uns beide
vorbereitet, und so kamen Elefantengruppen von ca. 20 Tieren, Schackale, Löwen,
Hyänen, Skorpione und Nashörner mit Babys vorbei. Höhepunkt des Abends war eine
Nashornpaarung. Hier zählt es aber, ganz entgegen zu uns Menschen, schnell zu
sein. ER war nicht schnell genug und längst noch nicht fertig, als die Dame
seines Herzens loslief und der Recke so ungeschickt abfiel, dass er humpelnd und
unglücklich von dannen zog.
Wir fuhren also zurück nach Ondangwa und gaben das Auto nach 10 Tagen wieder
zurück, um uns fortan nur noch trampend oder per Minibus fortzubewegen, da die
Mietkosten unser Monatsbudget explodieren ließen. Nach einigen Tagen auf einer
Art Campingplatz eroberten wir dann den Nordwesten des Landes. Also, wie Ihr
wisst, afrikanischer Minibus mit Hänger, welche üblicherweise an Tankstellen
oder Marktplätzen stehen und so lange bis zum Abfahren warten, bis sie wirklich
voll sind. Genaue Abfahrtszeiten gibt es nicht, es ist jedoch relativ einfach,
einen Minibus mit ungefähr passender Richtung zu finden.
Unser Ziel hieß Kaokoland. Hier findet man im wesentlichen Steinmeer,
Sandmeer, nichts mehr. Das jedoch in grandioser Landschaft. Straßen gibt es hier
eigentlich nur eine (üble Schotterpiste), alle übrigen Wege sind nur mit
Allradgeländewagen passierbar. Das ganze Gebiet hat vergleichsweise die Größe
von allen neuen Bundesländern zusammen und ist nur dünn besiedelt. Interessant
ist es vor allem wegen seiner Natur und Landschaft und der hier lebenden
Eingeborenenstämme, den Ovahimba und Herero. Das sind Naturvölker, die sich im
wesentlichen von Viehzucht und Maisanbau ernähren. Wir wollten unbedingt ein
paar von den Himba-Jungs kennenlernen, und ein kleiner Schwarzafricaner,
Antonio, ca. 10 Jahre alt, konnte die Sprache und wollte uns hinführen. Wir
kauften also einen 10 kg Sack mit Maismehl und zwei Kilo Zucker als
Eintrittskarte in ein Himbadorf.
Die Himba-Frauen reiben ihren gesamten Körper mit einer rotbraunen Masse aus Ton
und Kakaubutter ein. Die Haare sind zu vielleicht 30 Zöpfen gebunden. Die Zöpfe
werden komplett mit einer Art Lehm verpackt, und nur am Ende eines jeden Zopfes
schaut ein Haarbüschel heraus. Die Fußfesseln und Handgelenke sind mit
Metallringen eingebunden, und um den Hals hängen einige Metallringe, alles
natürlich komplett mit rotbraunem Lehm eingeschmiert. “Oben Ohne” ist hier hip,
man trägt ein Röckchen aus Ziegenfell, und auf dem Rücken sind in
Ziegenledertaschen die Babys gebunden. Das erste bekommt man hier mit 14, und
insgesamt werden es so um die 5-6 Kinder.
Mit uns waren noch 3 Mädchen
aus Holland im Dorf, und auf die Frage des Häuptlings an mich, wer denn die
Frauen sind, antwortete ich “… alles meine”. Blöd war nur die nächste Frage,
wieviel Kinder wir den haetten. Ich weiß nicht, was die von mir dachten, als sie
erfuhren: 4 Frauen, alle um die Dreißig und kein einziges Kind!
Die Maenner haben echt starke Frisuren. Es sind steif geflochtene,
vielleicht 30 cm nach hinten abstehende Zöpfe. Ringsum ist der Schädel dann
rasiert. Damit sie beim Schlafen diese Pracht nicht beschädigen, haben sie ein
spezielles Holzbänkchen als Kopfkissen, welches den Kopf samt Zopf vom Boden weg
hält. Die drahtigen und sehnigen Körper sind nur mit einem Tuch um die Lenden
bekleidet, und jeder männliche Himba trägt einen beschnitzten Stock. Zur
Grundausstattung gehört auch ein ausgehöhlertes Stück Holz, in welchem sie von
Zeit zu Zeit ein Kräutlein zerstampfen und dann schnupfen. Den metallenen Stößel
tragen sie als eine Art Spange im Haar.
Per Autotramp (nicht die beste Idee bei 2 Autos am Tag, die die Welt nicht
verstehen, wenn sie Weiße trampen sehen und einem winken) gings dann
stückchenweise weiter nach Süden durch das Kaokoland ins Damaraland. Man braucht
hier aufgrund der extremen Trockenheit viele Liter Trinkwasser täglich. Dennoch
platzen die Lippen auf, und die Nase ist mitunter blutig, da die Schleimhäute
austrocknen. So richtige Erholung von den Temperaturen von weit über 40 Grad
gibt es eigentlich nur nachts. Man gewöhnt sich jedoch auch daran schnell.
Durch grandiose Landschaften fahrend, landeten wir eines Tages auf einer Farm,
auf welcher man sich der Rettung der Geparden verschrieben hatte. Nur durch
Zufall trafen wir einen Typen in einer Kneipe beim 11:00 Uhr- Bier, der uns
davon erzählte und schließlich mit uns hinfuhr. Im Haus des Farmers lebten 5
ausgewachsene Geparden sozusagen als Hauskatzen und liefen völlig frei umher.
Während wir uns mit dem Farmer unterhielten, reinigte ein Exemplar akribisch
meine sonnenverbrannten Beine. Der Anblick des Muskelpaketes mit dem wirklich
sehr gepflegten Gebiss und Eckzähnen so groß wie Türklinken ließ mich jeden
Schmerz vergessen, und ich ertrug die reibeisenrauhe Zunge verkrampft lächelnd.
Am Abend sahen wir dann noch die Fütterung der übrigen freilebenden 29 Tiere von
der Ladefläche eines Pickups aus, und es kam nur darauf an, bloß nicht
runterfallen. Im Falle eines Falles ist’s auch mit dem Davonrennen schlecht,
denn die Biester beschleunigen von 0 auf 100 km/ h in 4 sec. und schaffen so um
die 120 km/h. Klasse performance!
Auf der Farm parkte unter anderem ein sogenannter Overlandertruck. Ein LKW also,
mit einem Kasten ausgebaut als eine Art Bus. Drinnen saßen europäische,
amerikanische, britische und australische Touristen so um die Mitte 20, welche
sich nicht allein durch Africa trauten. Nach kurzer Verhandlung mit deren
Reiseleiter nahmen sie uns für zwei Tage mit an die Skellettüste und Kap Cross
am Atlantik.
Wir hielten hier und da, um interessantes zu sehen und kamen nach einer Nacht im
Buschland mit reichlich Skorpionen am Sealscross an. Seal heißt übersetzt Robbe,
und von denen tummelten sich hier unter fürchterlichem Gestank ca. 100.000
Tiere. Eine Hälfte lag schreiend am Strand, die andere war auf Futtersuche in
der tosenden Brandung mit riesigen Wellen. Robben schmecken auch Haien gut, und
so war in der See wirklich Stimmung. Die Tiere konnte man, wenn man wollte,
durchaus anfassen (zumindest die zahlreich umherliegenden Babys). Vorsehen
musste man sich jedoch vor den Großen. Die hatten stattliche Zähne und waren
flink unterwegs. Es lagen auch hunderte tote Tiere umher. Vermutlich stank es
deshalb auch so bestialisch, dass man nach 30 Minuten das Bedürfnis nach
Sauerstoffzelt oder Ortswechsel nicht mehr unterdrücken konnte.
Eine Stunde später erreichten wir Swakopmund und trennten uns wieder von der
Truppe. Eine kleine Stadt, von Wüste umzingelt, direkt an der Küste. Aufgeräumt,
sauber und gepflegt und vor allem deutscher als in Deutschland. Auch einen
Weihnachtsmarkt gab es. Der Weihnachtsbaum war eine Palme, mancher
Weihnachtsmann war schwarz, und Schnee gabs nur als Sprühbildchen an den
Fensterscheiben. Die um die vorletzte Jahrhundertwende von den deutschen
Kolonialisten errichtete Küstenstadt besitzt alles, was eine deutsche Stadt
besitzen muss. Ein großer Teil der Bevölkerung spricht neben der Amtssprache
Englisch auch Deutsch, und Straßen, Plätze und Gebäude heißen Kaiserstraße,
Zollplatz und kaiserliches Vermessungsamt. Nach zwei Tagen Abhängen auf einem
Zeltplatz entschlossen wir uns zusammen mit zwei Amerikanern und einer einsamen
Australierin, ein Auto für zwei Tage zu mieten und in das für Namibia wohl
berühmteste Wüstengebiet zu fahren.
Am ersten Tag wanderten wir durch ein Wüstengebiet mit hohen Bergen namens
Naukluft. Man konnte das Wasser gar nicht so schnell trinken, wie man es
verbrauchte. Die Berge waren trotzdem atemberaubend schön. Am Tage darauf
wanderten wir dann in Sossusvlei. Das sind diese feuerroten Sanddünen, bis über
300 m hoch, und zusammen mit dem stahlblauen Himmel erinnert das Gebiet an
Aufnahmen aus Sciencefiction-Filmen. Man klettert auf die Dünen und hat einen
herrlichen Ausblick auf den roten Sand bis zum Horizont. Der Sand wird tags so
heiß ( ca. 80 Grad), dass man es durch die Schuhsohlen spürt. Entsprechend
bullig waren auch hier die Temperaturen. Aber in Africa scheint manchmal nichts
unmöglich, es gab im 70 km entfernten Miniwüstenörtchen Sesriem einen
Swimmingpool!
Nach unserer Rückkehr in Swakopmund (…heißt übersetzt sinngemäß tatsächlich
Arsch der Welt) entsandeten wir noch fix unsere Sachen und trampten dann die 400
km nach Windhoek, um Weihnachten mit Gudrun zu feiern. Nach der knapp 4wöchigen
Tour ein schönes Gefühl. In einem Bett schlafen, auf Stühlen sitzen und nichts
tun. Netterweise wurden wir zu leckeren Abendessen eingeladen und bekamen
unheimlich viele Hintergrundinformationen, die einem die Abläufe in diesem Land
besser zu verstehen helfen. Es gibt noch eine Masse zu erzählen, und durch die
vielen Erlebnisse werden hier scheinbar die Tage zu Wochen.
Ab dem 29.12.2003 starten wir dann weiter nach Süden. Noch eine Weile
durch Namibia trampen und dann zur nächsten Etappe unserer Reise – Südafrica.
Silvester wollen wir in Kapstadt sein.
Also lasst es Euch gut gehen, seid herzlichst gegrüßt von uns und bis bald mit
Neuigkeiten von hier…
Jan & Claudia |
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