Unsere Weltenbummler ... |
2003/04 |
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Reiseerzählungen Teil III:
Singapore ist eine scheinbar vollsynthetische Stadt. Man hat den
Eindruck, das hier Alles, aber wirklich Alles klimatisiert ist. Die
Stadt ist übersauber und wird ständig von einer in leuchtend orange
gekleideten Kompanie komplett vermummter Straßenfeger gereinigt.
Überhaupt ist das Tragen eines Tuches vor Mund und Nase sehr populär.
Wir dachten, es ist vielleicht ein Überbleibsel der SARS- Epidemie,
sahen diesen Aufzug jedoch in ganz Asien. Vielleicht vergaß ja die
Regierung des Inselstaates lediglich, auch hierfür ein Verbot
auszusprechen.
Alles andere ist jedenfalls mit unzähligen
Verbotsschildern vesehen. Auf großen Tafeln prangen die Regularien,
häufig gleich mit dem zu erwartenden Strafmaß im Falle des
Erwischtwerdens. Es ist teils grotesk, welche Symbole zum Beispiel das
Pinkeln, Spucken, Festhalten, Berühren, Begehen und was sonst noch
verbieten. Dem unsittlichen Kauen von Kaugummi versuchte man vor
wenigen Jahren Herr zu werden, indem man das Auspucken mit Geldstrafen
belegte. Es half jedoch nicht wirklich, also bannte man den Verkauf von
Kaugummi per Verbot. Singapore ist diesbezüglich völlig unterversorgt,
die aktuellen Schwarzmarktpreise für bubblegum waren nicht heraus zu
bekommen, alles andere ist jedoch im Überfluss erhältlich.
Die Stadt scheint ein Idealmodel Chinas. Beherrscht wird sie offensichtlich von
den über 70 Prozent Chinesen der insgesamt 4,13 Millionen Einwohner.
Alle Hebel der Macht und des Kapitals sind in deren Händen.
Singapore ist in jeder Hinsicht kühl. Man vermisst eine eigene
Identität und hat vielmehr den Eindruck, sich in einem Hightech-
Konsumtempel zu befinden. Zu kaufen gibt es hier definitiv alles, und
die Anzahl der supermodernen pompösen Einkaufszentren übersteigt
vermutlich die der Bushaltestellen der Stadt um ein Vielfaches.
Man sieht nahezu ausschließlich modernen architektonischen Prunk, Stahl und
Glas an Wolkenkratzern, die sich in die Höhe recken, als wolle jeder den
ersten Platz einnehmen. Die wenig übriggebliebene alte Bausubstanz
wirkt meist nur wie eine Entschuldigung dafür, dass man im gigantischen
Boom, den der Inselstaat in den letzten 10 Jahren erlebte, noch nicht
dazu gekommen sei, sie durch wohlfeile Stahlglasbauten zu ersetzen. Die
U- Bahn lässt unsere deutschen Bahnen wie Reliquien aus der Eisenzeit
erscheinen, alles ist vollautomatisch, und tausend elektronische Augen
wachen auf jeder Station über die Einhaltung aller Ge- und Verbote.
Wir hatten uns in einem fensterlosen, aber natürlich klimatisierten
Holzboxzimmer untergebracht und erkundeten von hier aus 5 Tage lang
Plastikcity. So richtig "warm" konnten wir mit der Stadt nicht werden, und
das lag mit Sicherheit nicht an unserem Zimmer, welches so schweinekalt
war, dass wir uns einmal mehr in den deutschen November versetzt
fühlten. Nach dem Besuch der Insel Sentosa, dem vor der Stadt gelegenen
Freizeitpark Singapores, hatten wir dann auch genug von Barbie und Ken
mit Schlupfliedern und beschlossen, nach Indonesien zu fahren. Mit einer
Fähre war das innerhalb einer Stunde zur Insel Batam kein Problem. Der
Kontrast war natürlich mehr als harsch.
Indonesien zu mögen braucht einige Tage, aber mögen muss man es
letztlich. Seine quirligen Bewohner, welche immer nur so viel arbeiten,
dass es für den Tag reicht, und die mit Witz und Cleverness beim
Auftauchen von Weißgesichtern sofort erkennen, da läuft eine
Dollarnote...! Man nähert sich selten vorsichtig, ja fast zufällig und
bietet seine Dienste feil. In exponierten Gegenden wie Flughäfen, Busstationen
oder Häfen tun das gleichzeitig 20 andere, und man wird sozusagen
rundum "betreut". Auch hysterisches Schreien, wie zum Beispiel "...haut
ab, lasst mich in Ruuuuuuuhe!!!", löst nur ein hämisches Grinsen aus
und trennt lediglich die Unerfahrenen von den Hartnäckigen.
Mit toternster Miene wird locker das 10- fache und mehr des eigentlichen
Preises für ein Taxi, Fahrrad oder gegrillte Bananen verlangt. Mit
Ausdauer und ein paar Späßchen wird der erfahrene Rucksacktraveller
jedoch auf den üblichen Preis hinabgleiten, und die vorgetäuschten
Infarkte des Anbieters waren manchmal echt lustig. Jedoch, nach Wochen
und Monaten des ständigen Handelns und Verarschtwerdens (hierzu zählen
auch die stetigen Versuche!) fühlt man sich dann doch etwas
geschlaucht, zumal es bei genauerer Betrachtung der Vorgänge ja
schlichtweg Betrug ist.
In Indonesien ist nichts unmöglich. Wir erstanden bei unserem Eintreffen auf der Insel Batam schnell noch einen
Flug auf die Insel Java, die am dichtest bevölkerte des Landes. Die
Kosten für den Flug von 40 Euro waren ausreichend, und man hielt das
bereits abflugfertige Flugzeug für uns eben mal an. Zwei Stunden
später waren wir im Herzen, oder besser in einem der vielen Herzen des
riesigen Landes, der Stadt Surabaya.
Indonesien besitzt die viertgrößte Population der Welt nach China, Indien und den USA. 233
Mio Einwohner tummeln sich auf den insgesamt 17.000 wirklich
paradiesischen Inseln. Allein Sumatra ist so groß wie Deutschland,
Österreich, die Schweiz und Belgien. 80 Prozent aller auf der Welt
lebenden Muslime wohnen in Indonesien!!! Es war also kaum verwunderlich,
dass es in den Staädten und Städtchen tausendfach auch aus der
verfallendsten Moschee fünfmal am Tag quäkend brüllte. Der
tägliche Jammergesang wird allerorts durch Lautsprecher so verstärkt,
dass es krächzend und schmerzvoll letztlich zur Lärmorgie der
untereinander konkurrierenden Schreihälse kommt. Das ganze ab 5 Uhr
morgens, wir entwickelten schnell Rachepläne. Überhaupt zeigte sich
uns diese Religion fordernd und aggressiv und schien alles sie umgebende
andersdenkende niederbüllen zu wollen.
Die Busfahrt über 7 Stunden von Surabaya nach Ketapang, der
Hafenstadt vor der Insel Bali, lehrte uns das Fürchten. Die vielleicht
500 km waren wie eine Fahrt durch einen einzigen Ort. Nicht ein einziges
Mal verließen wir die geschlossene Bebauung der die Straße rechts und
links säumenden Häuser. Der Busfahrer muss sein Können auf dem
Nürburgring erlernt haben. Rücksichtslos lenkte er den im Wesentlichen
durch Draht zusammengehaltenen, völlig überladenen, betagten Bus in
halsbrecherischem Tempo dauerhupend durch das Verkehrschaos. Unzählige
Beinahzusammenstöße wurden durch ein zahnloses Lächeln des
"Assistenten, Schaffners, Einweisers und Passagierfängers" honoriert,
es war ja nichts passiert. Selbstverständlich brüllt während der
gesamten Fahrt aus selbstgebastelten Lautsprecherboxen indonesisches
Kulturgut aus der Popscene, an den Grenzen unserer Belastbarkeit
konnten wir so wirksam arbeiten.
Die Fähre ins Paradies, in diesem Falle
die Insel Bali, war eines der in Indonesien üblichen Seemansgräber.
Das rostige Ungetüm brachte uns klappernd auf die andere Seite, und die
2 Stunden Fahrt waren kurzweilig, auch durch die vielen Händler, welche
ständig versuchen, einem eine Flöte, Uhr, Pfeil und Bogen oder
traditionelle Kunst zu verkaufen.
Bali ist etwas ganz Besonderes. Die Leute sind freundlich und
ausgeglichen und von einer Herzlichkeit, die den kantigen
Mitteleuropäer regelrecht verstört. Eine Mitursache ist sicher auch
der Balihinduismus, der hier wirklich in jedem Winkel dieser Insel
allgegenwärtig ist. Überall findet man kleine Altare, Tempel oder
Stupas. Zu jeder Tageszeit sieht man in herrliche Sarongs gekleidete
Frauen mit aus Palmenblättern kunstvoll geflochten Opferschälchen und Opfergaben und
Räucherstäbchen vor diesen Tempeln beten. Es werden Reisschälchen, Äpfel, Coca Cola und Fleischbällchen geopfert.
Ihr Gott muss Raucher sein, wir sahen immer wieder Zigaretten in den mit
Blumen über und über geschmückten Altaren.
Auch Wege, Straßen und Plätze werden bedacht. So ist es nicht ungewöhnlich, wenn man mitten
im größten Verkehrschaos eine Frau auf Knien auf einer Kreuzung
antrifft, während sie auch dort Opfer darbringt. Der betörende Duft der
Räucherstäbchen überall unterstreicht nur noch dieses Paradies aus
über 3000m hohen Bergen, undurchdringlichem Urwald, seinen rauchenden
Vulkanen und den atemberaubenden Steilküsten und Stränden.
Seit dem verheerenden Bombenanschlag auf zwei Diskotheken im Oktober 2002 mit 202
Toten ist der Tourismus nicht nur auf Bali schwer getroffen. Selbst zur
Hochsaison sind die kilometerlangen Einkaufsgassen leer und die
Gesichter der Verkaeufer sind fast flehend, doch eines der wunderbaren
Kunsthandwerksartikel zu kaufen. Ein Taxifahrer bedankte sich bei uns, indem
er nach Erhalt des vereinbarten Fahrpreises von vielleicht 50 Cent
sagte:" Vielen Dank, dass sie unser Land für Ihren Urlaub gewählt
haben!"
Bali Kuta fesselte uns gleich sechs Tage. Jeden Tag Surfen in einer
Welle, die Seinesgleichen sucht, ein Essen mit scheinbar grenzenloser
Vielfalt und diese Athmosphäre der Insel, in der man sich gar nicht
mehr als fremder Eindringling versteht, war eine herrliche Kur. Nie
wieder weg.
Mit einem Motorrad wagten wir uns in das Durcheinander des
Verkehrs und erkundeten die östliche Hälfte der Insel bis hinunter zum
Südkap Ulu Watu. Gefahren wird hier auf allen Straßenseiten in allen
Richtungen (... eigentlich aber links!). Das Beste war ein Fahrer mit
einem Moped, der uns in zügiger Fahrt auf unserer Fahrspur entgegenkam
und mit einer Hand ein Tablett mit gefüllten Kaffeegläsern in die
Höhe hielt. Die Indonesier sind wahre Artisten!
Es gibt aber im Land noch viel mehr zu entdecken, und so zogen wir
alsbald weiter zur nächsten Insel. Die schon beschriebenen Fähren
sehen überall gleich aus, und auch hier benötigten wir 8 Stunden, um
schließlich gerädert nach all den Verhandlungen und dem Entlarven der
ganzen kleinen versuchten Betrügereien auf Lombok zu landen. Auch
Lombok ist wie schon Bali paradiesisch. Jedoch ist hier die Entwicklung
des Tourismus vor einigen Jahren irgendwann einmal stecken geblieben, und
so erscheint sie ursprünglicher und wilder.
Man reist hier wie auf allen kleineren Inseln Indonesiens mit
sogenannten Bemo's. Das sind kleine pickup-LKW, die erst losfahren, wenn
sie wirklich voll sind. Der Begriff voll wird allerdings hier gänzlich
anders definiert als in Europa, und so sitzt man teilweise Stunden auf
dem geparkten Karren und glaubt in mehreren Phasen, jedoch stets auf's
Neue enttäuscht, dass das Auto jetzt voll sei.
Lombok - Kuta, ein verschlafenes Dörfchen im Süden, ließ uns wieder eintauchen in ein
palmenumrahmtes Strandparadies. Es gibt keine Elektrizität, nur
stundenweise vom Generator, die Häuser werden aus Bambus auf Stelzen
gebaut, und ihre Wände bestehen aus geflochtenen Palmenblättern. Ein
absolut naturverbundenes Wohnen und erdbebensicher!
Die gesamte Familie lebt im Haus. Tagsüber sitzt man im Freien, arbeitet an Flechtwerk oder
schläft. Übrigens auch hier ein weltberühmter Surfspot, lediglich man
braucht ein Moped und ein Boot, um an die Welle zu kommen, und allein das
Wissen der Einheimischen darüber lässt die Dollarnoten in den Augen
erscheinen. Mit einem klapprigen Bus holperten wir durch Reisfelder und
Bananenwälder, trafen dabei auf Schaaren von Affen und waren fasziniert
von der herrlichen üppig grünen Landschaft. Speziell die Reisfelder
sind mit einer solchen Exaktheit angelegt, dass man sich an den daraus
entstehenden bizzarren Formen gar nicht sattsehen kann.
Die nächste Insel auf unserem Weg nach Osten war Sumbawa. Die Insel ist schlank und
vielleicht 400 km lang. Die Landschaft ist schön, die Natur im
Überfluss, jedoch dass Hindurchfahren mit einem wegen der
katastrophalen Straßen ohnehin sehr langsamen Bus genügte uns.
Am östlichen Ende Sumbawas blieben wir in einem markanten Fischerdorf.
Markant war einzig der beißende Fischgestank, welcher die baldige
Ankunft schon kilometerweit vorher ankündigte. Grund für diese
Eigenheit waren Millionen von vielleicht 5 cm großen Fischen, die zum
Trocknen auf jedem freien Quadratzentimeter im gesamten Dorf verteilt
waren. Die Straße entlang, unter den Häusern, entlang aller Wege und
Pfade, überall Fisch. Die Ponykarren fuhren darüber, Ziegen fraßen
daran herum, Kinder spielten darin. Eine Erklärung für diese wirklich
atemberaubende Sauerei war schwer zu finden, letztlich war es Futter für
die Krabbenfarmen.
Wir striffen durch die lehmigen Gassen, und alles erinnerte eher an die Slum's von Lima als an
die sonst so gemütlichen Dörfchen. Die Leute jedoch waren herrlich freundlich, und die
fröhlichen Zurufe und Hallo's zu uns beiden Außerirdischen kamen auch
noch aus dem finstersten Loch zu uns herübergeweht.
Östlichstes Ziel unseres Trips war die Insel Flores. Von hier aus wollten wir den
berüchtigten letzten Sauriern unserer Erde einen Besuch abstatten, den
Komododragons. Je weiter wir nach Osten vordrangen, um so wilder und unberührter wurde
alles. Auch Flores erreicht man nur per Schiff, und unsere Ankunft mitten
in der Nacht im Hafenstädtchen Labuan Bajo interessierte niemanden
mehr. Waren wir auf den anderen Inseln stets umringt von "Helfern", so
fehlte dies hier völlig. Aus der Sicht der Local's auch gar nicht
erforderlich, gab es doch in dem Dörfchen eh nur eine Handvoll
Gasthäuser, zwei "Restaurants" und ein Boot zu den Sauriern. Das Geld
der Touristen, die sich bis hier her verirren, wird also gebracht. Man
empfängt es sozusagen liegend.
Wir taten uns zusammen mit einem Australier und einem Italiener,
charterten einen motorisierten Holzkahn und erreichten nach 2 Stunden
die Heimat der Komodovarane. Diese sind wahrhaft eindrucksvoll mit ihren
bis zu 4 m Länge. In ihrem satten Zustand wirken sie gar nicht so
blutrünstig, was sie jedoch zweifellos sind. Allein den Geruch frischen
Blutes vermögen sie über viele Kilometer wahrzunehmen, und in diesem
Fall werden sie zu flinken und brutalen Jägern.
Während des
Beobachtens eines Prachtexemplares auf unserer durch einen Einheimischen
geführten Dschungeltour kam ein ausgewachsener Wasserbüffel vorbei,
dessen schweren Fleischwunde am Hinterlauf die Jagdtaktik dieser
Ungeheuer erklärte. Sie lauern im Hinterhalt auf wilde Pferde, Büffel
oder Ziegen, verletzten sie mit einem blitzartigen Biss durch hunderte
rasiermesserscharfe Zähne so schwer, dass sie vielleicht noch fliehen
können, jedoch an der sich entzündenden Wunde schnell zugrunde gehen.
Geduld in Paarung mit dem schon erwähnten Geruchsinn tut dann das
Übrige.
Auf der Rückfahrt von den Monstern schnorchelten wir noch
für ein Stündchen im kristallklaren Wasser durch herrliche Korallen
und unzählige bunte Fische. Im Dorf brüllte der Mullah seinen hier nur
10 Prozent zählenden Anhängern (der Rest sind Christen) Mut zu und
ließ uns bei kühlem Bier und den wohl schönsten Sonnenuntergängen
darüber nachdenken, wie wohl die Lautsprecherkabel zu kappen seien.
Es kostete schon etwas Überredungskunst, einen ahnungslos durch's Dorf
tuckernden Bewohner davon zu überzeugen, dass er uns jetzt sein Moped zur
Rettung der Welt borgen müsse. Allein die von uns gebotenen 2 Euro für
den ganzen Tag halfen ihm über den ersten Schmerz und uns zu einer
ausgedehnten Mopedtour in die Umgegend. Unberührte Dörfer in
unberührter Natur. Die Kinder rannten uns schreiend hinterher, und wenn
wir irgendwo stoppten, lief das gesamte Dorf zusammen. Wir unterhielten
uns mit den Bewohnern (was immer diese oder wir auch verstanden!),
probierten nie gesehene Früchte und ernteten stets lautes Gelächter,
wenn wir unsere Gesichter auf Grund des fremden Geschmackes verzogen.
Auch hier möchte man irgendwie nie wieder weg.
Ein Deutscher hat aber "Aufgaben" und so zogen wir gemächlich über
Tage zurück über den Archipel nach Lombok. Eine beachtliche Strecke legten
wir auf dem Dach eines zum Bersten vollgestopften Busses zurück. Diese Perspektive war
allemal besser als im Inneren des Gefährtes. Lediglich schnell genug musste man sein, wenn der Bus in
rasanter Fahrt durch die tiefhängenden Bäume brauste.
Im Norden gibt es hier drei winzige Inselchen die alle mit Gili... beginnen. Hier muss man seine Uhr
wegwerfen! Wir verbrachten Tage mit schwatzen, lesen, baden und
natürlich essen. Es gibt hier außer Ponykarren und Fahrrädern
keinerlei Verkehr, außer Meeresrauschen kein nennenswertes Geräusch,
und die Leute sowie das bedeckte Wetter sorgten für perfekte Ruhe nach
dem doch zehrenden Trip von Flores hierher.
Bali war so schön, dass wir auf dem Weg nach Java und Sumatra erneut stoppen mussten. Wir widmeten
uns dem westlicheren Teil der Insel und stiegen in einem traumhaft
schön gelegenen Bungalow mitten in einem Palmengarten in Ubud ab. Das
ideale Fortbewegungsmittel zum Erkunden der Gegend war auch hier ein
Moped. Zwei Tage durchkreuzten wir die Insel, erklommen Berge, sahen den
über 3000 m hohen rauchenden Mt. Agun, türkisfarbene Vulkansee im
Hochland und märchenhafte Dörfchen, umgeben von tausenden
wassergefüllten Reisfeldern.
Shane, ein seit sieben Jahren reisender Australier, lebte ein Jahr dort, spricht die Landessprache und begleitete uns
fern aller Touristenpfade. Wir saßen lange schwatzend auf den
Hügeln und waren überwältigt von den wie Schwalbennester an die
steilen Hänge geklebten Reisfeldern, deren verrückte Strukturen
und zigfachen Reflexionen für sich schon ein Faszinosum sind. Man sieht
sich stets genötigt, diese skurrilen Bilder immer wieder fotografieren zu müssen.
Unbeschreiblich das intensive Grün des Reis, und wie eine Hommage an
Plastik blüht hier und da ein Hibiskus oder was auch immer in
schreiendem Rot, Purpur und Gelb.
Im Osten der Insel Java steuerten wir einen aktiven Vulkan, den Mt.
Bromo, an. Ein absolutes Muss der hunderten, oft noch tätigen Vulkane
Indonesiens. Seine Gewalt und unbändige Kraft demonstrierte er erst 7
Tage vorher mit einem Ausbruch, bei dem zwei unvorsichtige Touristen ums
Leben kamen. Die Landschaft erinnert an Mars oder Mond, sie ist mystisch
und unwirklich. Im riesigen Krater aus Urzeiten wachsen mehrere kleinere
Krater, so auch der des Mt. Bromo. Das Gebiet liegt über 2000 m hoch
und bietet ein fast alpines Bild. Auf Grund des Ausbruches konnte man
nicht auf den Kraterrand wandern, und so erklommen wir einen
Nachbarberg, welcher uns einen grandiosen Blick auf diese Kulisse für
einen sience ficton eröffnete.
Yogyakarta ist eine Millionenstadt. Stickig, laut und heiß. Eine
gewaltige Dunstglocke hängt wie eine Mütze über dem seichten Tal, und
man braucht eine Weile, bis die durch Auspuffgase völlig blaue
schmutzige Luft durch die Lungen passt. Berühmt ist sie durch zwei
gigantische Tempelanlagen, das buddhistische Borobudur und das
hinduistische Prambanan. Sie zählen neben Angkor Wat in Kambodscha zu
den größten religiösen Bauten der Welt und sind wirklich sehenswert.
Der ganze Touristenrummel schreckt natürlich mehr als ab, und die
Hundertschaften von Straßenhändlern, Rikschafahrern und Kleinganoven
machen es einem nicht gerade leicht, es hier interessant zu finden. Neu
war für uns jedoch, selbst eine Attraktion zu sein. Dies zumindest für
die zahlreichen indonesischen Touristen, welche sich zu Hauf mit uns
beiden in allen erdenklichen Positionen und Hintergründen fotografieren
ließen.
War der Bann durch ergfolgreiches Fragen eines vielleicht
siebzigjährigen Ehepaares erst einmal gebrochen, gab's kein Halten
mehr. Eine ganze Schulklasse wartete geduldig am Fuße einer Treppe, bis
wir ahnungslos einmal um den Tempel spaziert waren, um uns dann im
Fotodauerfeuer ablichten zu können. Einige ganz Mutige versteckten sich
hinter Skulpturen, um dann im richtigen Moment hinter uns und somit mit
auf das Foto der Freunde zu gelangen. Es war ein wirklich großer Spaß.
Unser Mittagessen in einer der nahegelegenen Straßenküchen faszinierte
trotz der von uns bestellten ordinären Nudelsuppe die gesamte Familie,
und so stellte man uns alle genau vor.
Ein Balett mit bunten Kostümen und der typischen kling-klang-
peng-pusch Musik versuchte uns am Abend, die für uns etwas wirre religiöse
Geschichte zu vermitteln, jedoch ertrugen wir dieses Brahma genannte
theatrische Highlight nur bis zur Pause.
Nach dem Erkunden von Stadt und Umgebung, erneut mit dem Moped, verließen
wir nach einigen Tagen unverletzt Yogyakarta. Wir hatten für 60,- Euro
Flugtickets erstanden und flogen über Jakarta weiter nach Sumatra.
Medan sollte für uns Ausgangspunkt für die Entdeckung dieser
tropischen, von üppigem Regenwald vollständig gedeckelten Insel sein.
Berühmt ist sie für ihre Tiere. Hier gibts so ziemlich alles, Tiger,
tausende Arten Schlangen, riesige bunte Schmetterlinge und natürlich
Orang Utans. Diese Verwandten wollten wir sehen, und so zogen wir vom
Moloch Medan schnell nach Süden.
Bukit Lawang, zu zweifelhafter Berühmtheit gelangt durch eine furchtbare Flutkatastrophe im letzten
Jahr, die hunderte Menschen in den Tot riss, Familien und Existenzen
zerstörte und dem Ort mehr oder weniger den Todesstoß versetzte. Die
Spuren der Flut sind so gegenwärtig, als sei sie gestern gewesen. Mag
es die angeborene Faulheit der Bewohner sein oder vielleicht die
Resignation über die verheerende Zerstörung, man gewinnt zwingend den
Eindruck, dass sich diese trotzdem zauberhafte Gegend mit
undurchdringlichem Regenwald und dem klaren reißenden Fluss in seiner
Mitte wohl von diesem Schlag nicht mehr erholen wird. Bitter ist dies
vor allem desshalb, als dass die Ursache für diese Flut durch
unkontrolliertes Abholzen und der hierdurch hevorgerufenen Erosionen und
Erdrutsche durch die Einwohner selbst provoziert wurde.
Wir hatten jedoch das Glück und bekamen nach einer einstündigen Wanderung
schließlich ein Orang-Utan-Weibchen zu sehen. Angelockt durch Maismilch
und Bananen zweier Rancher auf einer hölzernen Plattform, hatten wir
dieses drollige Tier nur 3 Meter vor uns, und es war faszinierend zu
sehen, wie ähnlich wir Menschen doch unseren Verwandten sind. Lässig an
einem Arm hängend, schlürfte sie aus einer Tasse Maismilch und
bedeutete dem Spender mit italienischer Geste, erneut einzuschenken. Die
Gestik wirkt derart menschlich und vertraut, dass man sich fast an
Bekannte erinnert fühlt. Über eine Stunde glotzten wir beeindruckt auf das vielleicht 1,60 m
große kräftige Tier, fast zur Erwartung genötigt, es künnte sich
herumdrehen und uns mit einer Mütze zum Entrichten eines
Eintrittsgeldes auffordern.
Leider wanderten die anderen Tiere aus dieser Gegend ab, und so dürfte es wohl nur noch Tage dauern, bis diese
Species auch dort verschwunden sind. Ein Recreationcenter für Orangs
befindet sich im Süden der Insel, und man versucht, diese faszinierenden
Geschöpfe auf Sumatra wieder in nennenswerter Population anzusiedeln.
Durch die fortschreitende Zerstörung der natürlichen Umwelt und aller
uns allzu bekannten Begleiterscheinungen gehören die Orangs auf Sumatra
zur extrem bedrohten Tierart.
Unser Visum gestattete uns leider nur einen Monat im herrlichen
Indonesien, viel zu wenig, um auch nur annähernd die Vielfalt und
Eigenwilligkeit dieses Landes und seiner Menschen erfassen zu können.
Unsere Erlebnisse hier waren mit Sicherheit ganz besondere auf unserer
großen Reise, und auch hier sieht man sich gezwungen, wiederkommen zu
müssen. Die Freundlichkeit und scheinbare Unbekümmertheit der
Menschen, ihre Lebensart und die sie umgebende Zufriedenheit wird uns
lange in Erinnerung bleiben.
Erst an der Grenze nach Malaysia merkten wir, dass wir unser Visa um
einen Tag überzogen hatten. Die Augen des Grenzbeamten wurden feucht
vor Glück, kostet das doch schließlich 40,- U$ . Sicher stritten sie
sich noch eine Weile, nachdem wir schon längst verärgert verschwunden
waren, wer das Geld auf dem Schwarzmarkt tauschen darf. Indonesien ist eines
der korruptesten Länder der Welt. Es tat unserer Liebe zu diesem Land keinen Schaden mehr.
Mit einem Schnellboot dauerte es von Medan zur Insel Penang nur 4 Stunden.
Der Kontrast vom lärmenden, hektischen und schmutzigen Medan zum nun
aufgeräumten und wohl organisierten Malaysia war enorm. Wir verließen den Hafen in Georgtown-
Penang, nachdem wir die Einreiseformalitäten erledigt hatten und waren erstaunt, dass sich niemand
auf uns stürzte, in Taxis zerrte oder uns handgeschnitzte Klanghölzer verkaufen wollte. Man wurde
nicht ständig angehupt oder vollgequatscht, welche Pension die beste sei, es war völlig ruhig.
Ein kleines Städtchen, eingebettet in schöne Hügellandschaft und gesäumt
von weißen Sandstränden getreu der Abbildungen auf Postkarten. Wir blieben einige
Tage, glätteten die in Indonesien erworbenen Falten und durchstreiften gemütlich die schönen
Gässchen. Natürlich sahen wir uns ausgiebig das Gebäude Cheong Fatt Tze Mension an, welches streng
nach den Regeln des Feng Shui vor mehr als hundert Jahren errichtet wurde. Es war eine Art Vorbereitung auf das geschäftig
hektische Kuala Lumpur.
Nur 5 Busstunden benötigt man in einem absoluten Luxusliner, für wenige
Euro und mit einem Busfahrer in Anzug sowie Schlips, und man taucht ein in die riesige moderne Hauptstadt
Malaysias. Interessiert waren wir eigentlich nur daran, die weltberühmten Petronastowers zu sehen. Sie
gelten mit ihren 451 m als die höchsten Gebäude der Welt, sind auf der Grundlage islamischer Ornamente
gestaltet und bilden eines der großen Machtzentren Asiens. Eigentuümer ist die Petronas Ltd., eine
Mineralölgesellschaft, was sonst bei Gesamtbaukosten von 1,9 Milliarden Dollar!
Die Stadt ist nicht besonders schön, es gibt unzählige Investruinen,
und böse Zungen behaupten, dass ein großer Teil der zahlreichen Wolkenkratzer mit
Drogengeldern errichtet seien. Schnell verließen wir diesen Rummelplatz in Richtung Natur und Landschaft.
Im Norden des Landes finden sich traumhaft schöne Nationalparks mit üppigem Dschungel und
seltenen Tieren. Wir hatten ohnehin vor, einmal einen mehrtägigen Dschungentrek zu machen, und so schien
uns Tama Negara, gelegen an einem großen Fluss, dem Tembeling River, am geeignetsten. Ein
winziges Dörfchen, malerisch gebettet mitten im dampfenden schwülen Urwald.
Wir besorgten uns Informationen und eine primitive Karte und wanderten gemeinsam mit einer aufgegabelten Canadierin
los. Schon nach einer Stunde waren wir völlig durchnässt. Die nahezu wassergesättigte Luft,
dazu um die 40 Grad und der matschige steile Pfad verlangten uns alles ab. Tausende Blutegel lauern am
Boden und an Blättern auf ihre Opfer, und schon nach wenigen Metern waren unsere Beine bevölkert.
Blitzschnell saugen sie sich am Schuh fest und arbeiten sich flink die Beine nach oben. Hinein in Socken
und Hosenbeine, es half nichts, die Biester abzuwehren, selbst an der Hüfte hatte ich mehrere unbemerkte
Egel. Zieht man sie ab, am besten mit einem Feuerzeug ansengen, so blutet die Wunde viele Minuten lang
weiter, und wir sahen am ersten Abend aus, als hätten wir eine Schlacht verloren. Nach über sechs
Stunden wirklich härtestem Fußmarsch trafen wir in einer Holzhütte ein, welche auf 5 m hohen
Holzpfählen mitten im dichten Wald steht.
Die Myriaden der nimmersatten Insekten fraßen uns fast, und man
war auch, getrieben von der Angst vor Malaria und Dengue-Fieber, ständig am Sprühen und Salben. Die
Geräuschkulisse war unbeschreiblich. In allen Tonlagen sägte, knatterte und zirpte es in einer
Lautstärke, die bis zur Ohrenbetäubung ständig auf- und abschwoll. Mit großem Glück seien hier
Tapire zu sehen (die Sichtung eines malayischen Tigers hatten wir aufgegeben), und so legten wir
uns mit Taschenlampen auf die Lauer. Die Augen fielen uns rasch zu, darauf hatten die Tapire wohl
nur gewartet, und die Müdigkeit ließ uns die harten Holzpritschen ohne alles kaum mehr spüren.
Einen Teil unseres Fruhstücks hatten während der Nacht bereits die Hörnchen verspeist, und
so "stärkten" wir uns am vorher durch ein paar Tropfen Chemie entkeimten Flusswasser und 3 Bananen.
Unsere Kleidung war genauso nass wie am Vortag, und meine Mountainboots ertrugen diese Strapazen
nicht länger, sie begannen, sich aufzulösen. Der Rückmarsch gemeinsam mit 3 anderen unterwegs
Getroffenen war nicht mehr ganz so anstrengend, wenn es auch ein brütend heißer Tag war.
Die Entschädigung dann ein stundenlanges Bad in einem klaren Fluss mitten in der grünen Hölle.
Zwei Tage bunt und erlebnisreich. Wir sahen Schlangen, große Spinnen, bizarre Insekten und
punkig bunte Frösche, Affen und eine grenzenlose Vielfalt von Pflanzen.
Wir hatten gehört, dass es in Malaysia wohl die schönste und vor allem billigste Möglichkeit gibt, die Tauchlizenz zu
erwerben. Die Perhentien Islands, vor der Ostküste der Halbinsel, erschienen uns hierfür am geeignetsten. Mit
Bussen, Pickups, und Booten erreichten wir Kecil, die kleinere der beiden Inseln. Auch hier
natürlich Postkartenambiente.
Fuer schlappe 130,- Euro in 4 Tagen den Tauchschein und das in
kristallklarem, von Korallen und allen denkbaren tropischen Fischen geradezu überfülltem 30 Grad warmem Meer.
Es war wirklich der Hammer. Alles, was man aus dem Fernsehen kennt, war hier
direkt vor der Brille. Jaque Eve Cousto (?) muss hier herumgeschwommen sein. Wir hatten täglich
zwei Tauchgänge bis in 18 m Tiefe. Überwältig von der Vielfalt und dem Artenreichtum buchten wir
noch 10 Tauchgänge mehr, nachdem wir den ganzen Papierkram mit Prüfung usw. fertig hatten. Wir
sahen Rochen, Haie, Muränen, die gesamte Kollektion aus "find nemo", Korallen in nie geahnten
Ausmaßen, Kugelfische und tausende andere. Zwischen den beiden Tauchlehrern aus Slowenien
entwickelte sich ein freundschaftlicher Draht, und wir hatten viel Spaß. Die Krönung unserer
Erlebnisse dort war dann noch das Tauchen in einem gesunkenen Zuckerfrachter auf dem Meeresgrund.
Gepenstisch und mystisch taucht der gewaltige Schiffskörper im Licht auf. Er ist völlig
überwuchert mit Korallen und Muscheln, Fische schwimmen durch die schwarzen Fenster in den Bauch des
Schiffes...! So entstehen Filme!
Die Leute und die auch hier paradiesische Umgebung auf der Insel
machten uns den Abschied schwer. Mit einem Packen neuer E-mail Adressen und dem Versprechen, in
Kontakt mit allen zu bleiben, zogen wir über einige Tage weiter nach Norden in Richtung Grenze zu
Thailand. Wir waren uns nicht sicher, ob eine Einreise nach Thailand im Osten möglich ist, da es erst
kürzlich bewaffnete Auseinandersetzungen dort gab. Wir erreichten den Grenzort mit dem Zug und
einer kurzen Busfahrt und nahmen Thailand erst einmal zu Fuß ein. Ärger gabs hier keinen, also
hinein ins Land des Lächelns.
Im Staatswappen der Laender Südostasiens sollte eigenlich der Flipflop mit
enthalten sein. Die gemeine Gummisandale tragen hier alle, zu allen Anlässen und in allen
Lebenslagen. Ob in feinem Anzug, seidenem Sarong, selbst die in Asien zahlreichen orangefarben
gekleideten Mönche tragen Flipflop. Man muss dazu wissen, dass auf den Wegen und Straßen überall Gefahren
lauern, sich die Füße aufzureißen. Es gibt Bewehrungseisen, die herausstehen, Löcher und
Stolperkanten. Der gemeine Europäer bleibt hier schon mit vernünftigem Schuhwerk kaum
unverletzt.
Mit den für das Land typischen Tuk Tuk's, einem dreirädrigen Motorrad,
einem sicher mehr als 50 Jahre alten Stahlross und allerlei anderen Transportmitteln fuhren wir durch
den vorerst wenig spannenden Südteil den Landes bis hinauf zu einer bekannten Inselgruppe
nach Ko Pha Ngan. Wir erreichten den Küstenort, und am nächsten Morgen brachte uns eine mit
Rucksacktouristen restlos aufgefüllte Fähre auf die Insel. Diese sind ein Mekka für die
Backpackerscene in Thailand, und die üblichen Zutaten wie fullmoonparty, tubing, kayaking und dop ergeben wie
immer auf simpelste Art die "lot of fun-suppe".
Wir hatten beim Anblick der Pseudocoolen auch schnell Zweifel an unserer Entscheidung, hier her zu kommen. Ein Platz im Norden der Insel versprach ein
wenig Abstand von der Supergeil-Scene, und so trafen wir am ruhigen Strand mit Hängematte und
Bambushütte auch noch unser lustiges Landsberger Pärchen aus Penang wieder. Wir gönnten uns zwei
schöne Tauchgänge am Sailsrock, lediglich die stündige Bootsfahrt in rauher See dorthin
beraubte mich der Ruhe - und nach der ersten halben Stunde meines Frühstücks. 3 Tage Moped, Tauchen und Herumhängen
waren genug, und so griffen wir Bangkok an. Woll'n doch mal sehen, ob die Leute dort
genau so unfreundlich bis unverschämt sind wie auf den touristisch verseuchten Inseln.
Bangkok empfing uns morgens gegen 4 Uhr, natürlich schläfrig und wenig einladend, jedoch nach einer
ausgiebigen Quartiersuche und stündigem exzellentem Frühstück blühte der höchste Tempel der Faigs und
Kopien aller weltberühmten Marken und Designs auf. Man legt hier keine fünf Meter
zuruück, ohne dass mindestens zwei Tuk Tuk- Fahrer einem Touren offerrieren, alles natürlich
very cheap.
Die Gangster und Ganoven aus den Schneidershops erklären, dass man einen Maßanzug braucht, und
auf der Straße werden alle Weltmarken der Mode und des Schmucks für ein paar Dollar feil
geboten. Eine schöne "Schweizer Uhr" kostet nur 10,- Euro, arme Schweiz! Tausende Schilder
offerieren Gästehäuser, Läden, Agenturen und Ticketbüros. Es sind so viele, dass man sie nur noch
als Struktur wahrnimmt. Die Kao San Road, das kleine Zentrum des Konsums, scheint nur für Touristen
kreiert. Abertausende wälzen sich die vielleicht 300 m lange und von unzähligen
Straßenhändlern gesäumte Straße entlang. Bis spät in die Nacht wird hier der gemeine Tourist mit allem
überversorgt, was er so dringend braucht. Wickelhosen, T-Shirts, Seide, Korbflechtereien und
natürlich Millionen von Raubkopien der aktuellen Rock und Popscene. Es macht Spaß, hier immer wieder
entlang zu schlendern, in einer Hand einen frischen leckeren Crepes, die andere frei
zum Zeigen auf die vielen, teils wirklich witzigen Dinge.
Aber Bangkok hat natürlich weit mehr zu bieten als nur Einkaufen. Es gibt
gewaltige Tempel mit uüberdimensionalen Buddhas in allen erdenklichen Positionen. Vergoldete
Stupas, kunstvoll gearbeitete hölzerne Pagoden. Es gibt moderne Highways, Skytrain, moderne Gebäude,
Plätze und winzige verwinkelte Gassen. Man ist an keiner Stelle der Stadt weiter als 50 m vom
nächsten Restaurant entfernt.
Das Essen ist hier wirklich etwas ganz besonderes. Richtig interessant wird's aber in Chinatown
und den Straßenküchen, die zu Hunderten auf den Bordsteinen stehen. Was hier so in den Kochtöpfen blubbert,
ist schon allein für unsere Augen fremd.
Man isst hier so ziemlich alles, was wächst, sich bewegt sowieso, oder was sich nach auch langwierigster Prozedur irgendwie essen lässt.
Frösche, Käfer, Spinnen, Fledermäuse, Hörnchen, Algen, völlig gleich, ob giftig, bitter oder zäh. Etwas wird immer verwertet.
Kaum geschlüpfte Vogelkücken tauchen im siedenden Kräutersud umher, geleeartige Massen in pink, grün und türkis werden
in riesigen Schüsseln angeboten, und selbstgebraute Getränke in düstersten Farben füllt man in Plastiktüten und
genießt mit Trinkröhrchen während des Gehens.
Die chinesischen Apotheken sind ein besonderes Juwel. Sie bieten hunderte verschiedenst behandelter Kräuter, Wurzeln, Baumrinden und Teile
von Tieren in geraspelter, pulverisierter oder einfach getrockneter Form.In großen Gläsern bewahrt man den lebensverlängernden
Spezialpilz auf. Ein etwa handtellergroßes Exemplar kostet so um die 600,- Euro.
Bangkok erstickt selbstverständlich täglich im Verkehrschaos, ist aber andererseits auch modern und großzügig.
Es gibt Parks, in denen man joggt, spaziert oder Ta' kraw (Siamesischer Fussball) spielt. Letzteres ist eine Art Volleyball mit Füßen,
bei dem je drei Spieler einer Mannschaft einen aus Korb geflochtenen Ball über ein halbhohes Netz spielen. Die Einlagen bei
Paässen und Schmetterbällen sind akrobatisch und die Tricks absolut sehenswert.
Claudi versank völlig im Konsumrausch, und der Rekord von 6 Stunden " Dauershopping" wurde gebrochen.
Das Ergebnis der fast im Koma endenden Einkaufsorgie war ein 16 kg Paket per Post nach Deutschland.
Nach insgesamt 6 spannennden Tagen und ständigem "...sir tuk tuk please, looking for room room, same same ...!" hatten wir's verstanden.
Ein kurzer check der besten Verbindung nach Kambodscha, und schon am Tag darauf passierten wir die Grenze.
Auf dem Rueckweg von Laos nach Myanmar kommen wir wieder nach Thailand, und so war ein celebrierter Abschied nicht nötig.
Wir quetschten uns ein letztes Lächeln aus dem Gesicht und entschwanden nach Kambodscha.
Seid also gegrüßt und bis neulich
Jan und Claudia
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