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Unsere Weltenbummler ...
Weltreisende berichten. Hier der zweite Teil der Erzählung:

Kurz vor Silvester dann der Angriff auf das Mekka der Segelflieger -die Bitterwasserfarm. Wir bekamen eine Mitfahrgelegenheit bis nach Kalkrand, typisch für das Land, drei Blechbuden, eine Tankstelle. Nach einer Stunde am Straßenrand morgens um 06:30 Uhr traf ich einen Farmer, der neben unserer Trampstelle wohnte und, vermutlich vom Mitleid gerüttelt, erklärte, daß der letzte, der hier versuchte, in die Richtung Bitterwasser zu kommen, 2 Tage da hockte.

Das machte Mut, und wir planten um. Ich hatte mehrmals mit Bitterwasser telefoniert, und es gab ohnehin für mich kein Flugzeug zu leihen, da sie das einzige UL gerade kaputt gemacht hatten, und die Thermik hier derart brutal ist, daß Drachenfliegen fast unmöglich, zumindest im hiesigen Sommer, sein dürfte. Für die Flieger: Basishöhe im Sommer an guten Tagen bis 16.500 Fuß, + 10 m/s steigen, also auch Sinken irgendwo, und barbarische dustdevil’s im Minutentakt über der ausgedörrten Savanne.

Wir entschlossen uns kurzerhand, das Vorhaben zu ,,knicken,, und kamen mit mehreren freundlichen Mitbürgern bis Luederitzbucht am Atlantik mit. Spannende Stadt mitten in der Wüste, nur zum Zwecke des Diamantenschürfens erbaut und sehr deutsch. Es wehte hier ein stetiger und äußerst harscher Südwest mit vielleicht 50- 60 km/h. Viel besonderes gibt's hier nicht zu sehen, eindrucksvoll ist allein diese mystische Athmosphäre dieser staubigen graubraunen Stadt mitten in der Sandwüste. Die Straßen und Wege werden hier durch den Sand ständig zugeweht, ähnlich wie bei uns im Winter, nur hier eben mit Sand, und es ist ein Sandpflug täglich mit dem Freihalten beschäftigt.

Zwei Tage dann weiter zum nächsten Naturschauspiel, dem fishrivercanyon im äußersten Südwesten des Landes. Ein vielleicht 400 m tiefer Canyon, trocken, heiß wie im Backofen und schick anzusehen. Wir probierten diese zumindest in dieser Jahreszeit lebensfeindliche Gegend aus und wanderten von morgens fünf bis mittags elf hin, hinein, heraus und zurück. Brauchten hierfür mehr als 5 l Wasser in den fünf Stunden und waren ganz schön knülle.

Ok., die Gegend hatten wir nun begriffen, also Zurücktrampen und langsam in Richtung Südafrica. Es gibt noch eine Masse zu erzählen, und durch die vielen Erlebnisse werden hier scheinbar die Tage zu Wochen.

Trampend erreichten wir die Grenze zu Südafrika. 10 Gehminuten vor dem Schlagbaum ließ man uns raus, und wir übernahmen das Land erst mal zu Fuß. Auf der anderen Seite war die Trampsituation allerdings plötzlich eine ganzlich neue. Trotz sauberer Kleidung, kurzer Haare und einer maximal zwei Tage alten Rasur verriegelten die meisten vorbeikommenden Autos ihre Türen und gaben Gas. Nach einer Stunde des Lernens hieß es also, Taktik ändern.

Der nette Officer am Kontrollpunkt bot an, die Leute zu fragen, wo sie hinwollen und ob für uns ein Platz frei wäre. Kein Problem, aber auch nicht wirklich erfolgreich. Es half also nur das direkte Ansprechen, und so enterten wir nach insgesamt 3 Stunden eine Gruppe von drei skeptischen jungen Leuten, welche uns vielleicht 200 km mitnahmen. Wir kamen in einem Kaff namens Springbock an, es war bereits dunkel und eine Zimmerchen war schnell gefunden. Auf unsere Erklärung, daß wir bis hier getrampt seien, zeigte die Wirtin nur verständnisloses Kopfschütteln und klärte uns auf.

Als Ausländer in Südafrika zu trampen, ist eine sichere Methode, seine gesamte Barschaft, Klamotten oder Schlimmeres innerhalb kürzester Zeit zu verlieren. Einige der Leute im Land besitzen eben gar nichts, und für die ist der Aufenthalt im Knast allemal angenehmer als auf der Straße. Also klappt ein Bruch oder Raub, dann ist’s gut, wird man gefaßt, hat man wenigstens auf Staatskosten zu essen und ein Dach über'm Kopf. Eine Erklärung, die wir noch oft hörten, und welche wir nach besserer Kenntnis des Landes schnell respektierten. Also fürs Erste Schwein gehabt.

Weiter gings am nächsten Tag mit dem lokalen Bus bis Capetown, immerhin 500 km. Da war sie nun, die Stadt am Tafelberg. Ein riesiger Moloch, dunstig und voller Verkehr mit dem riesig wirkenden, eigentlich aber nur bißchen über tausend Meter hohen Berg im “Rücken”. Wir stiegen in einem Backpacker auf der Longstreet ab, der Partymeile der Stadt. Hier rockt es 24 Stunden auf 300 m, man kann sich frei bewegen, und es sind natürlich n‘Haufen Touri’s da.

Die nächsten Tage sind schnell erzählt, natürlich Tafelberg bestiegen, Stadt angesehen und auch ein paar lokals kennengelernt (mit Einladung usw…) und den ersten Kontakt mit dem Wellenreiten. Ein Mitstreiter erklärte, daß in SA wohl mit die besten Wellen der Welt laufen, nun, das waren unsere ersten mit Sicherheit nicht, aber für uns wohl auch besser so. Daß Wellen ab einer bestimmten Größe richtig weh tun können, sollten wir bald kennen lernen.

Nach 4 Tagen gaben wir unser eigentliches Vorhaben, hier ein altes Auto zu kaufen, auch auf (die angebotenen Karren wären nicht mal mehr nach Sibirien verkäuflich gewesen) und mieteten uns einen winzigen Fiat. Der einzige und beste Weg, das Land zu erschwinglichem Preis zu bereisen, da Busfahrten zwar nicht übertrieben teuer sind, man jedoch dann in der jeweiligen Stadt auch wieder festhängt und erneut irgendwas buchen und bezahlen muß (und das ist echt sauteuer!!!). Zum Zweiten muß man tatsächlich mit Einbruch der Dunkelheit von der Straße sein, da im Landesinneren wirklich harsche Jungs die Straßen unsicher machen. Es mag vielleicht übertrieben klingen, aber es ist kein Spaß. Man darf in diesem Land offiziell in der Nacht langsam bei Rot über die Ampel fahren, nur, um nicht anhalten zu müssen. Selbst Einheimische verriegeln noch vor dem Anschnallen alle Türen.

Das passable Auto kostete uns pro Tag 17,- Euro, und wir mieteten es einen Monat. Wir verließen Capetown nach Osten, durchfuhren schöne Gebirge mit den schönen Weingütern, Pässen und einer traumhaften Küste insbesondere zum Surfen. Das Land erinnert bezüglich seiner Landschaft eigentlich stark an zu Hause, manchmal an Bayern, und ist vom Lebensstil her eigentlich dem deutschen sehr ähnlich. Mein Haus, mein Auto, mein Pferd gilt auch hier. An Spannung und dem Kennenlernen für uns fremder Kulturen und Völkerstämme gab es hier natürlich im Vergleich zum übrigen Afrika nur einen Bruchteil zu entdecken.

Erster großer Höhepunkt war dann der Grenzübertritt nach Lesotho. Das war nun wieder richtig Afrika. Schwarz, exotisch und an jeder Ecke neu und interressant. Ein Königreich, ungefähr so groß wie Belgien und wirklich dritte Welt. Die Hauptstadt Maseru zeigte sich jedoch modern und lebendig. Es gab Einkaufszentren, Internet, Restaurants und alles, was eine kleine Stadt eben so ausmacht. Im Landesinneren ist der Kontrast schon schärfer.

Die Leute leben hier sehr einfach, ohne Elektrizität und fließend Wasser, oft primitivst in zum Teil sehr kunstvollen bis hin zu notdürftigen Hütten aus Abfällen, jedoch sie waren stets freundlich, interessiert und herzlich. Wo auch immer wir auftauchten, kamen sie schnell heran und fragten nach unserem woher und wohin und natürlich, was wir auf dem Dach dieses ebenfalls fremden Autos transportierten. Ich hatte mir an der südafrikanischen Küste in Jeffrey’s Bay ein Surfbrett gekauft. In Lesotho gibt es nur Berge, teilweise weit über 3000 m hoch, und auf Autodächern transportierte man Menschen oder Ziegen oder sonstige zum Leben notwendige Dinge. Die Erklärung war dann auch gar nicht so einfach, und ich mußte stets vor allem Kinder davon überzeugen, daß ich jetzt im Dorffluß wirklich keine Demonstration geben könne.

Die traditionellen Häuser sind rund, haben einen Durchmesser von vielleicht 6 m und werden aus einer Mischung aus Kuhmist, Stroh und Lehm errichtet. Die Dächer sind aus verflochtenem Maisstroh, und die Eingänge dieser sonst fensterlosen Behausungen sind manchmal farbig angestrichen. Innen sind sie aufs feinste gesäubert, und sie stehen wie angeklebt an den steilen unwegsamen Gebirgshängen. Winzige Gärtchen gehören zu jedem Häuschen, und unmittelbar neben dem Haus sind aus Kakteenhecken die Gatter für die eigene Kuh oder Ziege. Es wirkt wohnlich, ja regelrecht gemütlich.

Die Landschaft ist grandios, es gibt kaum befestigte Straßen, und bei Regen ist ein Weiterkommen, wenn überhaupt, nur mit einem Geländewagen möglich. Tiefe Schluchten säumen die Gebirgsstraßen, und man hofft des öfteren, daß kein anderes Auto entgegenkommt. Glücklicherweise reitet man hier meistenteils, oder man geht zu Fuß, und der spärliche Autoverkehr beschränkt sich chaotisch hupend und lärmend auf die wenigen befestigten Straßen. Genaugenommen hat man mit einem normalen PKW, getrieben auf nur einer Achse, hier wirklich nichts zu suchen. Die Bewohner laufen gigantische Strecken oft mit schwerem Gepäck. Wir trafen ein 11jähriges Mädchen, das täglich jeweils drei Stunden zur Schule und und nochmals drei wieder nach Hause lief. Auf unser Staunen hin versicherte sie uns glaubhaft, die Schule sehr zu mögen.

Wir unternahmen ausgedehnte Trekkingtouren und zelteten in sogenannten Lodges. Das waren jedoch eigentlich nur jene befestigten Häuser, die ein Stromaggregat besaßen und Schlafplätze für die hier sehr seltenen Touristen offerierten. Da es hier am Abend nirgends elektrische Beleuchtungen in Häusern oder auf Straßen gibt, ist ein Sternenhimmel zu sehen wie wahrscheinlich sonst nirgendwo. Tief schwarz und mit unzähligen Sternen in einer unglaublichen Schärfe, man ist wirklich ueberwältigt. Stundenlang saßen wir abends zusammen mit einem unterwegs getroffenen Holländer und einem Amerikanerpärchen (…welche übrigens seit drei Jahren auf Reisen waren!!), tranken ein erstaunlich gutes lesothoer Bier und schauten eben mal richtig in die Ferne.

Über den höchsten Pass des Landes, den Sanipass, verließen wir dieses sympathische freundliche Völkchen in den östlichen Teil Südafrikas. Auf dem Pass herrschte dichter Nebel, und es war schweinekalt, garniert mit einem feinen Sprühregen. Die katastrophale “Straße” verlangte unserem Fiat alles ab, insbesondere, da unser aufgegabelter Holländer (Jost) bereits ohne sein umfangreiches Gepäck bestimmt 120 kg auf die Waage brachte. Wir kamen kurz vor Einbruch der Dunkelheit auf Passhöhe an, und es war unmöglich, weiter zu fahren. Also Zelt aufgebaut und Feuerchen entfacht. Der Nebel verzog sich alsbald, der Regen hörte auf, und wie zum Abschied entfaltete sich eine fast unwirkliche Gebirgslandschaft mit nebeligen Tälern und üppig grünen unbewaldeten Hügeln und Bergen in der kristallklaren Luft unter dem prachtvollen, einzigartigen Sternenhimmel.

Jost hatte weniger Freude an diesem herrlichen Abend, er hatte sich wohl vom schlechten Trinkwasser etwas eingefangen und beschloß zu sterben. So schlimm war’s dann letztlich doch nicht, er überlebte wenige Kilo leichter, und die “Spontanentschlackung” hatte ihn sichtbar Kraft gekostet. Das Problem war zudem, daß wir nur noch 2 Liter Benzin im Tank hatten und es bis zur nächsten Tankstelle wohl 70 km sein sollten. Den höchsten Punkt hatten wir ja schon geschafft, bergab kann man rollen und der Pass ist abwärts über 40 km lang. Irgendwie wird's schon gehen.

Die Passtraße war für unser Auto wirklich die absolute Grenze. Löcher ließen uns bis zur Radnabe versinken, und Steine türmten sich hinter den quer über die Straße verlaufenden tiefen Ausspühlungen so auf, daß wir ständig aufsaßen. Mehrere Flußläufe waren zu durchqueren, und wir beschlossen, den Rückgabezeitpunkt des Autos auf jeden Fall in die Dunkelheit zu verlegen. Am Fuße des Passes fragte uns der Grenzbeamte, wo wir den herkämen. Wir zeigten den Pass hinauf, worauf er uns fragte, ob wir mit diesem Auto gekommen seien. Ungläubiges Kopfschütteln seinerseits und der Verweis, daß das unmöglich sei, gab er zur Antwort. Wir dachten an den Spruch mit dem "Wille" und dem "Weg"...! Mit dem wahrlich letzten Tropfen Sprit erreichten wir die Tankstelle, einen Hamburger und einen (endlich!!!) richtigen Kaffee.

Die Küste lockte uns erneut, und wir statteten Durban einen Besuch ab. Eine riesige Stadt, nicht schlecht organisiert mit einem faszinierenden Beach, ideal für alles, was im warmen Wasser des indischen Ozeans so Spaß macht. Spaß macht es ja an den Beaches Südafrikas fast überall, lediglich die ständige und für die Einheimischen völlig normale Anwesenheit der Haie war uns stets suspekt. In den großen Städten hat man Hainetze gespannt, aber eben nur dort.

Trotz intensiver Suche, natürlich nur von Land, sahen wir jedoch keinen der besonders eindrucksvollen großen weißen Haie. Man versicherte uns aber glaubhaft, sie seien da. Auch die mitunter blutrünstigen Erzählungen der einheimischen Surfer über verlorene Kollegen halten niemandem vom Faszinosum Surfen ab, und Unfälle mit diesen Gesellen sind wirklich sehr selten. Auch ich verbrachte damit viele Stunden im Wasser und konnte anfangs erstaunt feststellen, wieviel Liter Salzwasser in einen deutschen Durchschnittsmagen passen. Die Wellen sind gewaltig.

Von Durban aus sollte es nach Norden ins Landesinnere gehen. Wir hatten uns von unserem liebgewonnen persönlichen Holländer in Durban verabschiedet und wollten noch ein paar Wildreservate auf dem Weg nach Swaziland abgrasen. Wieder sahen wir unzählige Giraffen, Zebras, Antilopen, ja sogar zwei Nashörner.

In Swaziland fuhren wir zuerst direkt nach Mbabane der Hauptstadt. Das Land ist ebenfalls von einem König regiert, der hier, wie schon in Lesotho auch, wirklich das Sagen hat. Der wesentliche Unterschied hier ist jedoch, daß der King einen riesigen Palast mit Wächtern und allem Pomp, ja sogar entgegen internationaler Proteste, einen eigenen Jet besitzt. In Lesotho konnte man dem vom Volke geliebten König mit etwas Glück im Supermarkt begegnen.

Auch in Mbabane geht’s modern und mondän zu. Es fahren Busse, es gibt Ampeln und ein Einkaufszentrum mit allem, was man auch zu Hause so bekommt. Ein symphatisches Städchen von der Größe Freibergs, rechnet man die Elendsviertel vor der Stadt nicht mit. Das Land ist sehr klein, verkehrsmäßig gut erschlossen, sehr grün, besitzt viel Wald, ist sehenswert, aber sonst keine übergroße Attraktion. Wir verließen es schon nach einer Woche und hatten als nächstes großes Ziel den weltberühmten Kruegerpark im Visier.

Das ist ein Wildreservat, ca. 400 km lang und 70 km breit, welches im Süden an Mosambique grenzt und ein MUSS für Südafrikabesucher ist. Man zahlt einmalig ca. 12 Euro pro Auto Eintritt und kann dann, ähnlich wie im Etoshapark in Namibia, sich für zwei Tage völlig frei im Park bewegen. Man muß lediglich vor 19:30 Uhr in einem der drei umzäunten und vor Tieren gesicherten Camps sein, da sonst die Tore geschlossen werden, und man eine unbequeme und mit Sicherheit aufregende Nacht im Auto verbringt. Schließlich kann man sich ja definitiv nicht aus dem Auto trauen, nicht einmal zum Pinkeln.

Bis zum Verschließen der Tore hatten wir bei Eintritt ins Reservat noch eineinhalb Stunden und bis zum ersten Camp waren's nur 60 km, also kein Problem. Eigentlich keines!! Schon nach zwei Kilometern stand ein gewaltiger Nashornbulle mitten auf der Straße. Es sah in eine von uns abgewandte Richtung, und so fuhren wir auf vielleicht zwanzig Meter heran. Fenster auf, Pflichtfoto und echtes erschrockenes Staunen über diesen vielleicht 3,5 Tonnenkoloss. Er mußte uns wohl bemerkt haben und wendete sich uns plötzlich zu. Dabei schnaufte und brüllte der Bulle so furchterregend, daß uns zunehmend unbehaglich wurde. Nun begann er Scheinangriffe zu starten und rannte uns kurz entgegen, stoppte aber jeweils wieder abrupt ab. Wir hatten vorher gelesen, daß Nashörner sehr kurzsichtig sind, und sie sich ihre Chancen auf das Gewinnen eines Zweikampfes anhand der ungefähren Größe des Gegeners ausrechnen. Ein Fiat Uno ist für ein solches Exemplar eher ein Sitzkissen als ein Gegner, und bei uns war der Spaß längst vorbei. Claudi hatte sich noch vor dem Parkeingang ans Steuer gedrängelt und hatte plötzlich das Fahren verlernt. Jedenfalls schrieen unser neuer Mitfahrer Frank und ich im Chor, RÜCKWÄRTSGANG!!! Nach angstvollem Ächzen auch des Getriebes vergrößerten wir den Abstand zum noch immer wütenden Nashorn so schnell wir nur konnten. Schwein gehabt. Der Bulle fühlte sich als Sieger und trollte sich, wir fuhren mit beschlagenen Fenstern weiter.

Wir kamen nicht weit. Nach nur 5 Minuten überquerten ca. 100 Wasserbüffel die Straße. Ihre mächtigen Gehörne müssen zentnerschwer sein. Das Auftauchen unseres grünen Autos störte sie nicht im Geringsten. Die Zeit rannte durch die Ereignisse dahin, und bis zum Verschließen der Tore waren’s nur noch 10 Minuten, und wir waren ja gerade mal 20 km gekommen. Es wurde dämmrig und wir fuhren vorsichtig weiter an Giraffen und Hyänen vorbei. Noch 25 km bis zum Camp, und vor uns verteilt über die gesamte Straße lag eine große Löwenfamilie und genoß die Wärme des tags aufgeheizten Asphaltes. Wir malten uns schon aus, wie wir zu dritt in diesem winzigen Auto wohl schlafen könnten, denn das Camp schaffen wir wohl nicht mehr. Aber was ist das alles schon gegen solch ein Bild sich räkelnder Löwen mit Alt- und Jungtieren unmittelbar vor unseren staunenden Augen.

Wir erreichten das Camp bei geschlossenem Tor, aber unsere Hupe war penetrant genug, den Rancher zum nochmaligen Öffnen zu bewegen. Wir entschuldigten unser Zuspätkommen mit den auf der Straße umherliegenden Löwen. Er meinte, daß er sich selbst besser verschaukeln könne und etwas blöderes hätte ihm hier noch keiner erzählt. Dann sagte er noch irgendwas von piss off und fuck y…., Hauptsache drin.

Die Nacht durch goß es derart, daß ein kleines Flüßchen unter unserem Zeltboden plätscherte und uns den Schlaf raubte. Wir hatten uns vorgenommen, um 5:00 Uhr das Camp zu verlassen, um dem Treiben in der Wildnis Afrikas weiter zu folgen. Schon kurz nach Verlassen der schützenden Umzäunung begrüßten uns zwei ausgewachsene Hyänen. Diese scheuen Burschen sieht man eher seltener und meist nur aus der Ferne. Sie jagen in kleinen Gruppen und wählen sich als Opfer immer die Schwächsten, oder sie warten an der Beute größerer Räuber, was diese vielleicht übrig lassen. Mal abgesehen von unzähligen Zebras, Springböcken, Gnus, Giraffen, und Gemsböcken sollten wir an diesem Tag leider keinen Vertreter der “Big Five” mehr sehen.

10 Minuten vor Toresschluß verließen wir das Reservat in Richtung Johannesburg. Da es schon dunkel war und das Fahren in Afrika bei Dunkelheit besonders spannend sein kann, nahmen wir uns den am nächst gelegenen Backpacker (Pension) zum Ziel. Auf diesen lediglich 180 km hatten wir sowohl vor uns als auch im Gegenverkehr mehrere gänzlich unbeleuchtete Autos. Naürlich immer ein besonderes Hallo, wenn man in völliger Dunkelheit plötzlich jemanden vor sich hatte. Von den tausenden Radfahrern und Fußgängern war man’ s ja gewohnt ( …und man bedenke, die sind immer alle schwarz!). Es ging gut und wir erreichten unser Ziel.

Die Pension wurde ursprünglich von zwei jungen Südafrikanern geführt. Man hatte einen der Partner einige Wochen vorher auf dem Weg zur Tankstelle um die Ecke wegen seines Autos erschossen, und so kamen wir gerade in eine wilde Diskussion um die Einführung der Todesstrafe und den zu fordernden Umgang mit Gangstern und Mördern. Auf dem Weg weiter in Richtung der badcity (so heisst Joh-burg auch unter Afrikanern!) war es in der Tat eine äußerst zweifelhafte Gegend, in welcher wir die Nacht verbrachten.

Johannesburg sieht man schon von sehr weit. Eine Ansammlung von Hochhäusern, riesige Industrieviertel, Highways so weit das Auge reicht und eine eindrucksvolle Dunstglocke über dem Herzen der Stadt. Das war sie also, die böse Stadt. Jeden Tag dutzende Morde, Überfälle, Raub und was die Palette der Entrückten noch so bietet. Im Stadtzentrum herrschte reges Treiben, Tausende Schwarzafrikaner, aber auch eine großer Anteil Asiaten verstopften die Straßen. Erst nachdem wir uns eine Weile durch's Gewimmel drängten, realisierten wir, daß wir die einzigen weißen Gesichter waren. Die Szene wirkte aber an keiner Stelle irgendwie bedrohlich, und bei dem Tumult kann man sich schon sicher fühlen.

Wir schwatzten vereinzelt mit Leuten auf der Straße und erfuhren auch so, welche Viertel der Stadt wir auf jeden Fall unbedingt meiden sollten. Beim Durchfahren sah man natürlich wirklich gänzlich abgefahrene Gegenden, Typen und Szenerien. Richtig interessant war ein Ausflug nach Soveto. Wir stiegen in einen komplett lilafarbenem Backpacker, geführt von zwei betagten weißen Schwulen und einem schwarzen Baby?!, und ihr Barkeeper erwies sich als ortskundiger Führer. Unser Auto war also Tourtaxi, und er führte uns durch den Straßendschungel in das berühmteste township der Welt.

Es war Sonntag morgens um 10, und alles war in der Kirche. Ohne Probleme ließ man unsere einzigen beiden leuchtend weißen Gesichter mit hinein und sorgte sich rührend darum, daß wir auch einen guten Platz bekommen. Die Kirche war riesig groß und proppe voll. Bestimmte tausend Menschen oder mehr sangen lauthals die richtig fetzigen Gesänge mit. Es war ein tiefschwarzer Blues-, Soul- und Gospelmix, von einem perfekt eingespielten Chor mehrstimmig und einzelnen Solopassagen einer richtig gewaltigen schwarzen Mama. Die Musik ging unter die Haut, und man stand instinktiv mit auf und murmelte die für uns unverständlichen Textsilben mit, denn wir wurden natürlich aus tausend Augen beobachtet. Klasse Vorstellung. Böte unsere Kirche einen solchen Sound, wer weiß, ob sich nicht die Schar ihrer Anhänger deutlich vergrößerte.

Die Hütten der hier lebenden Menschen waren zwar erbärmlich, aber erstaunlich gut organisiert. Man muß sich vorstellen, daß allein hier über drei Millionen Menschen leben. Es gibt keinen Strom und kein fließend Wasser, jedoch sind in Abständen von einigen hundert Metern jeweils Wasserstellen, öffentliche Telefone und Toi-Toi-Toiletten aufgestellt. Wir sprachen mit einer Bewohnerin, die uns auch ihre Hütte zeigte, und sie schien sich hier doch nicht unwohl zu fühlen. Für unsere Begriffe ist es hier natürlich unfaßbar, und man entwickelt Ideen zu dem, was hier sofort zu tun sei, im Sekundentakt. Aber es kommt uns sicher nicht zu, den Leuten hier zu erklären, wie sie zu leben hätten. Im ganzen Südafrica wurde eines immer wieder überdeutlich, die Apartheid ist allgegenwärtig.

Wir stapften noch etwas durch die Innenstadt, jedoch ohne dies wirklich genießen zu können und trödelten die verbleibenden 2 Tage bis zu unserem Abflug nach Australien im Backpacker umher, welcher ja mit Pool, Spielen und reichlich Platz nichts vermissen ließ. Am 17. Februar zeigte sich aus dem Fenster einer 747 ein vorerst letzter, jedoch wirklich schöner Blick auf Mama Africa. Ein Kontinent, wo es so viel zu entdecken gibt, daß es für Jahre des Hindurchreisens ausreicht. Und natürlich der Schwur: “Wir kommen wieder!”


Australien

Australiens Leitspruch ist “How is it going?”. Jeder im ganzen Land, egal in welchem der 7 Bundesstaaten, beherrscht ihn. Er wird mit kehlig gehobener Stimme so schnell gesprochen, daß es eigentlich nur mehr ein Hüsteln oder Räuspern ist. Trifft man auf einen der ca. 20 Millionen, so kommt dieser Satz. Man muß ihn eigentlich nicht wirklich beantworten, sondern man bringt einfach einen ähnlichen, aber kürzeren Gegenlaut, und schon ist Freundschaft geschlossen. Die Leute sind offen, freundlich und neugierig und kommen ohne jede Scheu auf einen zu und verwickeln einen sofort in Gespräche. Fragt man nach dem Weg, so erhält man umfangreiche Wegbeschreibungen von jedem. Leider stets auch dann, wenn der Befragte es eigentlich selbst nicht weiß.

Unsere ersten Erfahrungen machten wir diesbezüglich in der Stadt der Städte - Sydney. Was für eine Pracht. Wolkenkratzer, Straßenschluchten, wunderschöne Villenviertel und überall Wasser. Die Beaches liegen mitten in der Stadt und sind wie aus der Postkarte, die Wellen zum Surfen übrigens auch. Und der absolute Gipfel ist natürlich “The Harbour” mit dem Opernhaus und einer gewaltigen Stahlbrücke. Was für ein Anblick!

Die Stadt pulsiert 24 Stunden am Tag. Ohne Pause rauscht der Verkehr, es gibt tausende Clubs, Bars, Restaurants und Kneipen. Von megaschick bis honkytonk ist alles hundertfach vorhanden. Unsere ersten Nächte verbrachten wir in Kings Cross, dem Rotlichtviertel der Stadt. Hier ist’s nicht nur hochinteressant und lebhaft, sondern auch preiswert. Unsere Pension war auch kein Stundenhotel, obwohl es darin zuging wie im Wartesaal. Wir schliefen in einem Gemeinschaftszimmer mit noch anderen zusammen, und das inmitten dieses großen Rummelplatzes. Erstes Ziel war, ein Auto zu kaufen. Groß, gut und billig. Nach intensiver Recherche fand sich dann auch ein Ford Falcon. Das ist ein vielleicht 5,5 m langes Schiff mit 4 l Motor aus dem Jahre 1988. Der Preis wurde mehrfach nachverhandelt und endete schließlich bei ca. 1.700 Euro inclusive einer kompletten Campingausrüstung mit Zelt, Stühlen, Lampen und allem sonstigen Kram.

Das Herz des Fliegers kennt natürlich das Mekka eine Autostunde südlich von Sydney. Stanwellpark mußte ich sehen und hatte dabei natürlich die Hoffnung, erste Bande zu anderen Fliegern zu knüpfen und na klar, selbst zu fliegen. Allein das Wetter war unpassend und so entschädigten wir uns mit einem Besuch bei Moyes. Die Drachenschmiede erwies sich als bestens organisiert, und Vicky schickte uns zusammen mit Jimm gleich mal zu jedem der paar Mitarbeiter, um uns vorzustellen. Hier werden sie nun gebaut, unsere Lieblingsvögel, unsere Baby's mit den klangvollen Namen. Sogar seine Majestät Steve Moyes war da, arbeitete selbst beim Zuschneiden der Segel und hatte Zeit für einen kleinen Schwatz. Wenn die Bedingungen am Stanwellpark besser sind, könne ich seinen Gurt leihen, und einen Lightspeed hätten sie auch noch übrig. Na, das sind doch Aussichten.

Eine der besten Skyranches zum Fliegen liegt 6 Autostunden nördlich von Sydney, und dort könne man ganzjährig bei Willi fliegen. Das Wetter sollte sich auf absehbare Zeit nicht ändern, und so schaukelte uns unser “neuer” Ford nach Norden. Entlang der Ostküste und hinein ins bucklige Landesinnere. Die kleinen Städtchen hier sehen sich derart ähnlich, daß man nach einer Weile wirklich nicht mehr sagen kann, in welcher man nun ist. Es gibt eine Hauptstraße, an welcher rechts und links die Läden und Geschäfte liegen. Es mutet ein bißchen an wie im filmischen Wilden Westen. Fehlen eigentlich nur die Pferde. Diese wurden bei der männlichen Species durch großmotorige, allradgetriebene Autos ersetzt. Je bulliger die Optik, um so besser, ein Muß für den gemeinen Australier. Na klar gibt’s schöne Landschaften, traumhafte Wälder, saubere Flüsse und all das, nur ein bestimmtes, absolut überwältigendes Herauszulösen aus dem Gesehenen fällt zumindest im Osten des Landes, also Queensland und New South Wales, schwer. Sydney hiervon natürlich ausgenommen!!!

In Manilla, einem kleinen Kaff in Queensland, machten wir’s uns für eine Weile bequem, denn, wie konnte es anders sein, eine Fliegerranch fesselte zumindest mich. Es gab Equipment und bestes Wetter, und so kam ich nach entbehrungsreichen Monaten endlich wieder für ein paar Stunden in die Luft. Eine Lust, Steigen überall, Basis bei 2.700 m und fliegen, bis man nicht mehr will! Streckenflugmöglichkeiten gibt's reichlich, nur sollte man sich bei der Wahl seines Landeplatzes genau umsehen. Die Farmen hier sind mit zum Teil jeweils tausenden Hektar riesig, und bis man dort Kontakt zu Einheimischen oder gar einem Telefon bekommt, kann’s aber gewaltig lang und trocken werden in der ausgedörrten, von der Sonne glühenden Gegend. Übrigens verspricht auch ein Handy nur mäßigen Erfolg, da ein Funknetz meist nur unmittelbar in der Nähe von Städten zu finden ist. Aus reichlich Höhe hat man allerdings Zeit genug, sich am Nachmittag ein geeignetes Plätzchen für eine biernahe Landung zu suchen, unterstützt durch die flache Landschaft, und mit etwas Glück bringen einen die wirklich überfreundlichen Aussis sogar in den Heimathafen oder zumindest in dessen strategische Nähe.

Nach vier Tagen hatte ich dann endlich wieder Hornhaut auf den Handflächen, die Thermik ist mitunter sehr ruppig, und man hüte sich vor den minütlich abgehenden Dustdevils eindrucksvoller Ausmaße, wir krönten unseren Auszug aus diesem kleinen Fliegerparadies mit einem Rundflug im geborgten Flieger von Willi, dem Besitzer der ganzen Herrlichkeit. Ich musste ihm erst 3 Teststarts und Landungen “vorfliegen” und chauffierte dann Claudi über die Gegend, welche ich die zurückliegenden Tage unterm Bauch hatte.

Entlang der Ostküste trieben wir wieder nach Süden, nicht ohne jedoch Brisbane einen Besuch abgestattet zu haben. Die Stadt wirkt ein bißchen wie Sydney in Klein, jedoch ist sie bei weitem nicht so charismatisch. Die Vororte wirken fast etwas heruntergekommen, jedoch die Artgallerie und das Queensland National Museum waren exquisit. Museen und Gallerien sind übrigens im ganzen Kontinent fast immer frei und inhaltlich sowie gestalterisch eine wirkliche Augenweide. Ein Besuch lohnt sich fast immer.

Ich hatte mein in Südafrica erworbenes Surfboard mit nach Aus genommen und quälte mich redlich. Die Wellen waren prächtig, nur anfangs eben einfach etwas zu groß. Alsbald verließen wir die dichtbesiedelte Küste in Richtung Südwesten zu den Blue Mountains. Das ist eine der besonders gepriesenen Naturschönheiten ca. 1,5 Autostunde westlich von Sydney in Richtung der Hauptstadt Canberra. Wir wanderten dort mehrere Touren durch den Regenwald, tiefe Schluchten und steile Grate. Es ist ein bißchen wie Elbsandsteingebirge. Geschlafen wurde im Zelt auf Campspots, die nichts kosten, außer einem Plumsklo aber auch nichts weiter bieten. An die abendliche Einsamkeit und unser tägliches Feuerchen hatten wir uns schon gewöhnt.

Reist man wie wir auf eigene Faust durch Australien, so ist man meistens doch allein. Die in diversen Campguides ausgewiesenen Plätze sind häufig traumhaft schön gelegen, mitten im Busch, an Flüssen oder herrlichen Seen, jedoch trifft man kein Schw... Nette Unterhaltung boten allerdings (…neben der untereinander geführten natürlich!) die zahlreichen Possums (‘ne Art Waschbär) und die genauso neugierigen, bisweilen frechen Kangaroo’s. Sie kommen bis auf Streichelnähe heran und klauen ohne Scheu Apfel, Kekstüte oder was so zu greifen ist. Oft feierten die Burschen Party im versehentlich offengelassenen Auto, ohne das wir es rechtzeitig bemerkten. In einem dieser Nationalparks trafen wir auf einen Lizard (Riesenechse) mit einer Länge von vielleicht zwei Metern. Ein Prachtkerl. Man konnte sich bis auf 3m nähern. Erst dann drohte er lautstark und kletterte behäbig einen Eukalyptusbaum empor.

Auf dem Wege durch Canberra sahen wir die verheerenden Zerstörungen der Brandkatastrophe aus 2003. Nahezu die gesamte Umgegend ist abgebrannt, gerodet und entwaldet. Man sieht die Kamine ehemaliger Häuser wie Mahnmale in den Himmel ragen und kann nur ahnen, wie schön die Gegend hier mal war. Die Stadt selbst ist nur modern, alles ist neu und rechtwinklig und das Zentrum ist ein überdimensioniertes Kriegsdenkmal. In Moskau hat man ähnliches Leninprospekt genannt.

Die höchste Erhebung des roten Kontinentes ist der Mount Kozsiuscko, mit 2228 m ü. NN. Er liegt im einzigen Skigebiet des Landes und ist auch für Rollstuhlfahrer erreichbar. Schöne Landschaft, nahezu baumlos, na ja! Am südlichsten Punkt findet man ebenfalls einen wunderbaren Nationalpark namens Wilson Promontery. Eine schöne Stelle zum Abhängen direkt am Südpacific, warm und ruhig. Hier gönnten wir uns mal drei Tage des Nichtstuns bzw. Nichtreisens.

Über Melbourne entlang der Great Ocean Road gings nach Adelaide und weiter ins berühmte und berüchtigte Outback. Auf den Beschrieb der Städte, sie sind in jedem Falle sehenswert, sei hier bewußt verzichtet, wen’s interessiert, einfach fragen.

Das Wetter im Osten und Süden der vergangenen 5 Wochen wurde zunehmend unbeständiger und vor allem des nächtens kühler. Hier im Outback änderte sich dies schnell und überdeutlich. Je nördlicher man kam, um so heißer und staubiger wurde es. Wir wählten eine Gravelroad (Schotterpiste), die für Australien sehr typisch sind. Etwa tausend Kilometer auf einer Gravelroad zu fahren, ist schon eine Aufgabe. Es staubt derart, daß schon nach wenigen Kilometern alles einen roten Staubfilm annimmt. Man kann kaum schneller als 80 fahren, da ständig ausgetrocknete Flußbetten zu durchqueren sind, und die Gefahr eines Reifenplatzers mit jedem km/h mehr sich im Quadrat erhöht. Innerhalb der folgenden 2 Tage platzten uns drei Reifen. Wir waren bis dato ja immerhin ca. 10.000 km ohne nennenswerte Ausfälle gekommen.

Erzählenswert ist der zweite Platzer. Da unser Ersatzrad ja bereits “verbaut” war, standen wir irgendwo im Nichts. Glühende Hitze und weit und breit keine S… Schließlich demontierten wir den Platten, irgendetwas mußte man ja tun, und schwitzten vor uns hin. Plötzlich eine Staubwolke am Horizont und 15 min später ein Jeep. Er hielt auf unser Winken auch sofort an, es waren zwei Aboriginies, die uns zahnlos engegenlächelten. Auf unser Anfragen, ob sie helfen könnten. nickten sie eifrig und nahmen uns in ihre Wohngemeinschaft mit. Tatsächlich waren sie gut ausgestattet. Sauberes Wohnhaus, gepflegter Garten und sogar eine Werkstatt mit den fürs Reifenwechseln notwendigen Maschinen. Wir waren echt erstaunt, schließlich hatten wir bis dato Aboriginies immer nur betrunken, verwahrlost oder Benzin schnüffelnd in den Städten herumliegen sehen.

Wohl war das Equipment hervorragend, nur wußte keiner der freundlichen Helfer auch nur das Geringste darüber, wie man die Sachen bedient. Also versuchten Claudia und ich uns schließlich selbst, jedoch der Teufel lag auch hier im Detail. Es fehlte dies und das, und wir änderten die Taktik. Ein offenbar einheimisches Pärchen in den Mitfünfzigern nahm uns kurzerhand mit in die nur 65 km entfernte Stadt, um das Rad nun richten zu lassen. Nur 20 km vor dem Ziel platzte auch deren Reifen, es versprach spannend zu werden. Wir erreichten die Stadt (230 Einwohner), der Reifen wurde getauscht, und es ging die Strecke wieder zurück zu unserem seit Stunden verlassenen Auto. Rad montiert und wieder zurück ins Städtchen. Zum Dank für die Mühe luden wir die beiden zum Abendessen ein, und es wurde ein interessanter und lustiger Abend.

Er ist Anwalt, Aboriginie und Präsident der Organisation zur Durchsetzung bzw. Verteidigung der Rechte der Ureinwohner Australiens und oberster Repräsentant für diese in der Welt. Er knüpft enge Beziehungen mit Kofi Annan und war in seiner Mission schon in der ganzen Welt unterwegs. Sie arbeitet eng mit ihm zusammen und ist derselben Sache verpflichtet. Nun hatten wir ein Opfer gefunden, welches uns endlich unsere tausend Fragen zur Misere der Eingeborenen und ihres bedauerlichen Zustandes überall im Land beantworten kann. Allein der Kellner kehrte uns aus dem Lokal und beendete unseren herrlichen Abend. Nach einer sehr herzlichen Verabschiedung versprachen wir uns gegenseitige Besuche und fuhren tags drauf weiter immer tiefer ins Outback.

Die Entfernungen zwischen den nur noch als Ansammlung von zwei drei Häusern zu bezeichnenden Ortschaften wurden mit 200 km immer größer. Dazwischen war nur noch eine Steinwüste mit spärlichem trockenem Gras. Die Sonne brennt hier erbarmungslos, und es werden hier im Sommer mühelos an die 50 Grad Celsius erreicht. Die staubigen unbefestigten Straßen verlaufen durch unzählige ausgetrocknete Flüsse und sind in solchen Wellen gebaut, daß man trotz der relativ geringen Geschwindigkjeit von ungefähr 80 km pro h manchmal abzuheben glaubt. Die wenigen hier lebenden Kinder werden via Funk und heute immer mehr via Internet unterrichtet. Eine Schule wie in unserem Sinne kennen sie häufig nicht.

Wir bewältigten insgesamt eine Strecke vergleichsweise von Berlin bis Moskau auf diesen Straßen, und es war für uns allemal fremd und interressant. Coober Peedy, eine Stadt gänzlich dem Opalrausch verfallen, war seit Tagen unsere erste größere Stadt. Dem Suchen und Finden dieses in allen Farben schimmernden Halbedelsteins verdankt die Stadt ihre Existenz. Sie ist mitten ins Nichts gebaut und besteht im wesentlichen nur aus Schürfen und Minen. Die tauben Schürfen ( wo man also keinen der Schätze fand!) dienen als Hotel, Wohnung oder Restaurant. Man lebt sozusagen unter Tage. Alle Nationalitäten findet man hier, auf der Suche nach dem großen Reichtum.

Bis zum Horizont werden scheinbar wahllos viele Meter tiefe Löcher gebohrt, in der Hoffnung, den begehrten Stein zu finden. Ist diese Bohrung ertragreich, spricht sich dies herum wie ein Lauffeuer, und binnen kurzer Zeit sind alle Glücksritter ebenfalls dort versammelt und bohren munter drauf los. Die tauben dieser entstandenen Löcher werden einfach so belassen, wie sie sind. Die Landschaft ist also, so weit das Auge reicht, mit tausenden dieser Löcher und der dazugehörigen Erdhäufchen übersät. Natürlich sammelt sich in solcher Gegend auch allerlei verücktes Volk, welches "auf dem Trittbrett" versucht, ein Stückchen Reichtum zu erhaschen. Tatsächlich gelingt es einigen wenigen, in größer werdenden Abständen großen Besitz anzuhäufen, immerhin bringt ein reiner Opal, so groß, daß er für einen auffälligen Ring genügt, um die 3000 US Dollar.

Lustig war der Campingplatz, auf dem wir eine Nacht verbrachten. Er befand sich in einer alten Mine komplett unter der Erde. Er war dunkel, etwas staubig, aber herrlich kühl und schützte vor allem vor den am Tage zu Milliarden auftretenden Fliegen, die ein Fliegennetz über dem Kopf absolut unentbehrlich machten.

300 Km vor dem Mittelpunkt des Outbacks verabschiedete sich mit Dampfen und Zischen die Zylinderkopfdichtung unseres Autos. Wir standen also in "the middle of nowhere" und saßen fest. Aus Angst vor den Mördern, die in dieser Gegend vor vielen Jahren wohl ihr Unwesen trieben, hielt auch kein Schwein an, uns zu helfen. Es war schon später Nachmittag, als ein riesiger Truck mit vielleicht 60 Tonnen Ladung anhielt, und uns der zusammengerauchte, spindeldürre Fahrer letzte Rettung anbot. Er schleppte uns am letzten seiner zwei !! Sattelauflieger ab. Unser Abschleppseil riß beim ersten Versuch des anfahrenden Kolosses entzwei, und so saßen wir beim geglückten zweiten Versuch und geflicktem Seil nur 2,5 Meter hinter dem vor uns haushoch aufragenden Ungetüm, welches uns über 130 Km schleppen sollte.

Mit noch zittrigen Händen krochen wir erschlagen in unser Zelt auf der Rückseite einer Tankstelle. Einige Überredungskuenste waren am nächsten Tag nötig, und ein überängstlicher Landsmann aus Schwaben schleppte uns bis Alice Springs. Die 25tausend Einwohnerstadt versprach Hilfe einer Werkstatt. Dies gelang auch schnell, und nach 5 Tagen verließen wir endlich diesen Glutofen und sahen uns das Wahrzeichen des Kontinents, den größten Monoliten der Welt, das Notre Dame der Aboriginies, den - Ayers Rock- an. Eindrucksvoll allemal, aber natürlich übertouristisch. Wir liefen einmal ringsherum, besuchten eine nahegelegene andere Gesteinsformation (Olgas), sogen noch den Sonnenuntergang ein und verschwanden am nächsten Tag zum nächsten Highlight Australiens, dem Kings Canyon. Trotz der barbarischen Hitze wanderten wir tapfer einmal rings um das absolut sehenswerte Massiv und setzten unsere Reise nach Norden fort.

Nach kurzem Zwischenstopp erneut in Alice S. gings weiter durch die Wüste nach Norden. 1000 Km weiter sahen wir noch dramatische Landschaften, Schluchten und Regenwälder, denn es wurde plötzlich tropisch und damit üppig. Wir sahen Darwin ganz im Norden, den Kakadu National Park, der von Krokodilen nur so wimmelt, sahen wunderbare, oft tausende Jahre alte Höhlenmalereien der Aboriginies (.. manchmal konnte man sich allerdings des Eindrucks nur Wochen alter gewisser Farbauffrischungen nicht erwehren!!) und fanden stets herrliche und vor allem kostenlose Stellen für unser Zelt. Trotz der herrlichen Wasserfälle, Flüsse und Seen kann man nirgens baden, da sich hier tausende, teils riesige Krokodile (Salz- und Süßwasser!!!) tummeln.

Von hier warens noch 5000 km bis zum Ziel unserer Australientour, Perth, im äußersten Westen des Kontinentes am herrlichen indischen Ozean. Wir hatten noch 3 Wochen bis zu unserem Abflug, und wir nutzten die Zeit bis dahin, um uns die hier wirklich einmalige Natur anzusehen. Wir tauchten an einem der spektakulärsten Korallenriffe unserer Erde, sahen Seeschildkröten und Haie zum Anfassen nah, sahen die Riesenbäume im "valley of the giant's" im äußersten Südwesten (Augusta) und genossen das Umherziehen in vollen Zügen. Die Bäume werden dort bis zu achzig Meter hoch, und wir sind auf einen sogar hinaufgeklettert. Man hat zum Zwecke der Feuerwache hierfür einfach in den Stamm große Stahlstähle geschlagen und klettert daran ähnlich einer Leiter den sich um den gewaltigen Stamm windenden Pfad bis in die Krone hinauf. Der Ausblick entschädigt dann für die schlotternden Knie beim Aufstieg, begleitet vom Beifall der am Boden stehenden Zuschauer, denn nur wenige wagen den nicht ungefährlichen Gang in die über 60 m hohe schwankende Plattform des Baumes.

Unser Auto verkauften wir für rund 600 Euro mehr, als wir es kauften, und so fielen zumindest die Verluste durch die Reparatur nicht mehr so harsch aus. Nach mehr als drei Monaten verließen wir schließlich den roten Kontinent, auch natürlich mit etwas Trauer und dem Glaube, daß wir auch hierher wieder kommen werden. Die Aussis waren schließlich liebenswerte und vo rallem absolut relaxte Leute. Nichts ist wirklich ein Problem und vor jedem Gedanken an deren Lösung steht ganz groß und wichtig "take it easy!!!".


Also laßt es Euch gut gehen, seid herzlichst gegrüßt von uns und bis bald mit Neuigkeiten von hier…
Jan & Claudia
 

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